Corona-Pandemie Branchenverbände klagen über unterschiedliche Regeln

Nachdem mehrere Kommunen ihre Corona-Regeln verschärft haben, kommt Kritik von mehreren Verbänden. Uneinheitliche Regeln führten zu Verwirrung, heißt es.

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Wie hier in Köln treffen viele Kommunen unterschiedliche Maßnahmen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Quelle: dpa

Wirtschaftsverbände laufen Sturm gegen das uneinheitliche Vorgehen der Bundesländer bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Besonders an vereinzelten Beherbungsverboten für Gäste aus innerdeutschen Risikogebieten nehmen der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Anstoß. Aber auch aus der Ärzteschaft gibt es Kritik.

In einer Reihe von Bundesländern haben die Herbstferien begonnen. Wer aber aus einem Corona-Hotspot kommt, wird in einigen Bundesländern mit einem Beherbungsverbot belegt. Das trifft etwa viele Berliner, die in den Ferien an die Ostseeküste wollten. In der Hauptstadt wurde am Freitag erneut der für Reisen in andere Bundesländer wichtige Wert von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschritten.

Berlin versucht, mit strengeren Corona-Regeln der Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken. Neue Vorschriften gelten ab diesem Samstag. Von 23.00 bis 6.00 Uhr müssen Restaurants, Bars, Kneipen und die meisten Geschäfte geschlossen sein. Bei privaten Zusammenkünften in geschlossenen Räumen dürfen nur noch höchstens 10 Menschen zusammenkommen. Im Freien dürfen sich von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr nur noch fünf Personen versammeln.

Am Freitag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Bürgermeistern der elf größten Städte beraten und sich auf eine Reihe von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verständigt. Kommende Woche steht wieder ein Gespräch Merkels mit den Ministerpräsidenten der Länder an, wie Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) angekündigt hatte. Nach dpa-Informationen sollen die Beratungen am Mittwochnachmittag sein.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer kritisierte „unkoordinierte Regelungen“ bei Beherbergungsverboten. Dies sorge aktuell für große Verunsicherung bei den Unternehmen, sagte Schweitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Schließlich hätten gerade die Betriebe in der Tourismuswirtschaft sichere Hygienekonzepte ausgearbeitet, digitale Lösungen entwickelt und sich unter erschwerten Bedingungen weiter engagiert.

In der „Bild“-Zeitung warnte Schweitzer: „Gerade auch im Gastgewerbe können weitere Ausfälle die Existenz von Unternehmen gefährden.“ DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte der „Rheinischen Post“, im laufenden Jahr erwarte ein Drittel der deutschen Beherbergungsbetriebe wegen der Coronakrise Umsatzrückgänge um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Medizinier sieht Akzeptanz für Maßnahmen in Gefahr

Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges bezeichnete es als „völlig unbefriedigend, dass wir keine bundeseinheitlichen Regelwerke haben“. Gäste wie Hoteliers hätten unzählige Fragen und wüssten nicht, was jetzt im Detail gelte. „Daher muss dringend mehr Einheitlichkeit her“, forderte Hartges in der „Passauer Neuen Presse“ (Online/Samstag). So müsse zum Beispiel generell klar sein, dass Geschäftsreisende von den Beherbergungsverboten ausgenommen werden.

Unmut kommt auch aus der Ärzteschaft. Der Chef des Kassenärzte-Verbandes, Andreas Gassen, warf den Ländern auch überzogene Maßnahmen vor. „Diese Regelungswut ist oft eher kontraproduktiv“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Gassen bezeichnete innerdeutsche Reisen als „Pseudo-Gefahr“. Masseninfektionen gebe es durch traditionelle Großhochzeiten, in Fleisch verarbeitenden Betrieben und durch unkontrolliertes Feiern. Auch Sperrstunden und Alkoholverbote wie in Berlin seien „mehr als fragwürdig“. „Durch den Wust an nicht nachvollziehbaren Regelungen verlieren wir aber eventuell die Akzeptanz für die Maßnahmen, die wirklich etwas bringen“, warnte Gassen.

Warnungen, die Pandemie könnte außer Kontrolle geraten, wertete er als überzogen. „Wir müssen aufhören, auf die Zahl der Neuinfektionen zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange, das führt zu falschem Alarmismus“, sagte Gassen. „Selbst 10.000 Infektionen täglich wären kein Drama, wenn nur einer von 1000 schwer erkrankt, wie wir es im Moment beobachten.“ Zuletzt war die Zahl der registrierten Neuinfektionen in Deutschland auf mehr als 4000 Fälle am Tag deutlich angestiegen.

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