Coronakrise Bundesländer suchen nach der klaren Lockdown-Linie

Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, geht auf Konfrontationskurs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Quelle: dpa

Nach dem Vorschlag eines kurzen und harten Lockdowns gehen einige Bundesländer auf Distanz. Ob die Bund-Länder-Spitzengespräche wie geplant am Montag stattfinden, ist unklar – eine Einigung ist nicht in Sicht.

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Wenige Tage vor der geplanten Ministerpräsidentenkonferenz streiten die Länderchefs mal wieder über die Corona-Maßnahmen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wies am Donnerstag Forderungen für einen kurzen und harten Lockdown zurück. Thüringens Landeschef Bodo Ramelow (Linke) sprach sich gegen bundeseinheitliche Regelungen aus. In Bund-Länder-Verhandlungskreisen hieß es, es sei derzeit unklar, ob es am Montag zu dem Bund-Länder-Spitzengespräch komme. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte eine Verschiebung ins Gespräch gebracht, wenn die 16 Landeschefs keine klare Linie vertreten würden.

Sowohl Kanzlerin Angela Merkel, Markus Söder sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hatten einen kurzen, möglichst bundesweiten Lockdown gefordert. Sie verwiesen darauf, dass die vom RKI gemeldeten Infektionszahlen wenig verlässlich seien, sich die Intensivstationen aber mit immer mehr Corona-Patienten füllten. Auch die Intensivmediziner sowie Ifo-Chef Clemens Fuest forderten härtere Corona-Maßnahmen, um die Infektionszahlen zu senken.

Für die Koordinierung der SPD- und Unionsländer sind Berlin Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsidenten und CSU-Chef Söder als sein Stellvertreter zuständig. An der letzten MPK-Sitzung am 3. März hatte es heftige Kritik gegeben, weil die Länder völlig unterschiedliche Positionen vertraten.

Am Mittwochabend war in Regierungskreisen ein „Bild-Bericht“ dementiert worden, nachdem sich die Kanzlerin für eine bundeseinheitliche Regelung entschieden haben soll. Merkel hatte vor zehn Tagen mit einer solchen Bundesregelung gedroht, aber zugleich betont, dass die Länder auf jeden Fall zustimmen müssten. Ramelow sagte dem RND-Mediennetzwerk dazu: „Man kann auf dem derzeitigen Infektionsschutzgesetz so einen Stufen- und Rahmenplan aufbauen. Dazu muss man den langen Weg der Gesetzesänderung und Bundesratsbeteiligung gar nicht gehen.“ Wenn man handeln wolle, wäre dies seit Februar möglich und seit März überfällig. Das Kanzleramt solle eine Vorlage präsentieren.

Niedersachsen will bundesweiten Lockdown nicht mittragen

Stephan Weil kündigte Widerstand gegen einen bundesweiten Lockdown an. „Ich sehe wirklich mit großer Sorge, dass hier einfach ein Begriff in die Runde geworfen wird, und kein Mensch weiß im Ernst, was damit gemeint ist“, sagte er im ZDF. Er habe „große Zweifel“, dass Niedersachsen einen bundesweiten Lockdown mittragen würde. Die Zahlen in Niedersachsen gingen zurück, die Lage in den Krankenhäusern sei entspannt. „Immer mehr Teile unseres Landes wachsen gerade aus der Notbremse heraus.“

Die Debatte unter den Ministerpräsidenten erklärt sich auch durch die regionalen Unterschiede. Thüringen wies laut RKI-Angaben vom Donnerstag eine Sieben-Tage-Inzidenz von 181 auf, Schleswig-Holstein dagegen nur von 63,4. In acht Bundesländern rutsche die Inzidenz unter 100. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen hatte wegen der mangelnden Aussagekraft der Zahlen aber angeordnet, dass Landkreise trotz sinkender Inzidenz die sogenannte „Notbremse“ beibehalten müssen, die Corona-Beschränkungen bei Werten über 100 vorsieht.

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Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete 20.407 Neuinfektionen. Das sind knapp 4000 weniger als am Donnerstag vor einer Woche. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz sank weiter auf 105,7 von 110,1 am Vortag. Allerdings wies das RKI darauf hin, dass rund um Ostern weniger Menschen einen Arzt aufsuchten und somit weniger getestet werde. Außerdem könne es sein, dass nicht alle Gesundheitsämter und Landesbehörden ihre Fallzahlen übermittelten. Söder hatte auf den Sonderfaktor der Oster-Schulferien verwiesen, so dass sich derzeit weniger Kinder in der Schule ansteckten. Das RKI meldete weiter, dass innerhalb von 24 Stunden 306 Menschen in Verbindung mit dem Coronavirus starben.

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