Crystal-Meth-Affäre Causa Beck – von Häme bis Respekt

Die Grünen sind mit Blick auf die Landtagswahlen gespalten, wie hart sie mit dem mutmaßlichen Drogen-Sünder Volker Beck ins Gericht gehen sollen. Er hat bereits seine Ämter niedergelegt – und äußert sich auf Facebook.

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Der Grüne hat bereits seine Ämter niedergelegt. Ob er sein Bundestagsmandat behält, ist offen. Quelle: dpa

Berlin, Düsseldorf Die Grünen reagieren unterschiedlich auf den mutmaßlichen Drogenfund bei ihrem Parteifreund Volker Beck. Während der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann scharfe Kritik äußert, stärken Fraktionskollegen im Bundestag Beck den Rücken.

Kretschmann sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Es ist ja schon ein schweres Fehlverhalten.“ Er wisse nicht, ob sich die Vorwürfe auf die drei Landtagswahlen am 13. März auswirken. „Ich kann nur hoffen, dass jetzt solch ein einzelnes Fehlverhalten nicht auf alle übertragen wird. Davon gehe ich mal aus.“

Kerstin Andreae, Vize-Chefin der Grünen-Fraktion im Bundestag, erklärte einerseits via Twitter, Drogen seien Mist. Sie betonte jedoch auch: „@Volker_Beck ist aber ein toller engagierter Mensch. Tut mir leid, dass er diesen Weg gewählt hat, warum auch immer.“

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte den Fund von 0,6 Gramm „einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz“ bei dem Bundestagsabgeordneten bestätigt. Laut „Bild“ soll es sich um die synthetische Droge Crystal Meth handeln.

Zivilfahnder hatten laut „Bild“ seit Längerem eine Dealer-Wohnung nahe des West-Berliner Nollendorfplatzes beobachtet. Damit sollten vor allem Kunden, Fahrzeuge oder andere Dealer ermittelt werden. Niemand habe jedoch mit der Person gerechnet, die in der Nacht zum Mittwoch das Haus betreten habe. Beck ist demzufolge beim Verlassen der Dealer-Wohnung kontrolliert worden. Die Beamten hätten dabei seine Personalien aufgenommen und die Drogen in seiner Tasche gefunden.

Beck legte daraufhin am Mittwoch seine Ämter als innen- und religionspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion und als Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe nieder. Ob er sein Bundestagsmandat behält, ist offen. Rein rechtlich dürfte er das. Druck könnte es aber allerdings aus seiner Fraktion und vom politischen Gegner geben.

Laut der Berliner Staatsanwaltschaft gibt es einen Anfangsverdacht gegen Beck. Derzeit werde aber nicht gegen ihn ermittelt. Gleichzeitig verwies Martin Steltner, der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, laut „Bild“ auf die Immunität Becks, die ihn als Bundestagsabgeordneter vor Strafverfolgung schützt. Die Staatsanwaltschaft kann die Aufhebung der Immunität beim Bundestag beantragen, in der Regel wird einem solchen Antrag zugestimmt.

Einen ähnlichen Fall gab es im vorvergangenen Jahr bei den Sozialdemokraten. Michael Hartmann (SPD) hatte gegenüber der Staatsanwaltschaft eingeräumt, im Herbst 2014 etwa einen Monat lang Crystal Meth „in geringer eigenverbrauchsüblicher Menge erworben und konsumiert“ zu haben, um „leistungsfähiger“ zu werden. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe trat er als innenpolitischer Sprecher der SPD zurück, behielt aber sein Bundestagsmandat.

Beck selbst machte zu den Anschuldigungen bislang keine Angaben, äußerte sich allerdings via Facebook: Auf seiner Seite dankt er „Freunden und Unterstützern“ für deren „Verständnis und schon jetzt für ihre Unterstützung“.


So reagiert der politische Gegner

Grünen-Chef Cem Özdemir begrüßte Becks Rückzug von seinen politischen Ämtern. Beck habe „schnell die Konsequenzen gezogen, das ist bei der Schwere der Vorwürfe auch angemessen", sagte Özdemir dem Sender N24. Er hoffe nun darauf, dass sich die Angelegenheit schnell aufkläre. Für die Grünen sei der Rückzug Becks allerdings auch ein Verlust, räumte Özdemir ein. Grundsätzlich sei so etwas „menschlich bedauerlich für jeden Kollegen".

Grünen-Chefhaushälter Sven Christian Kindler stärkt seinem Fraktionskollegen Beck derweil den Rücken. „Ich finde weiterhin: @Volker_Beck leistet großartige Arbeit für eine weltoffene und menschliche Gesellschaft. Respekt für Volker“, schrieb Kindler bei Twitter.

Der Chef der NRW-Grünen, Sven Lehmann, betonte bei Twitter, dass Beck zuallererst nicht eine öffentliche Person und ein Politiker, sondern Mensch sei. „Es ist übel zu sehen, wie wenig das gerade im Fokus steht“, schrieb Lehmann.

Die Grünen-Politikerin Renate Künast mahnte im Sender RTL zur Ruhe. „Schauen wir mal, um was es da eigentlich genau geht. Das ist keine schöne Sache, das ist klar.“ Unterstützung kommt vom grünen Partei-Nachwuchs: Unter der Überschrift „Grüne Jugend NRW solidarisiert sich mit Volker Beck“ erklären die Sprecher Julia Wenzel und Max Lucks der Grünen Jugend NRW per Pressemitteilung, dass Drogenkonsum kein Rücktrittsgrund sei.

„Volker Beck ist Opfer der gesellschaftlichen Stigmatisierung von Drogen und Opfer einer verfehlten Drogenpolitik der großen Koalition“, teilen Wenzel und Lucks mit. „Wir werden auch weiter für einen progressiven Umgang mit Drogen kämpfen.”

Deutlich schärfer reagiert erwartungsgemäß der politische Gegner: Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) würdigte, dass Beck seine Fraktionsämter zur Verfügung gestellt hat. Auf Twitter schrieb er: „In der Drogenpolitik bin ich anderer Meinung als die meisten Grünen. Aber Respekt für Volker Beck für die schnelle und klare Reaktion.“

Der Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer postete bei Twitter dagegen ein hämisches „Und Tschüss“. Und Erika Steinbach twitterte genüsslich: „Da ist jeder Kommentar überflüssig.“ Mit Häme reagierte auch der AfD-Nachwuchs auf den Vorgang. Der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative für Deutschland (AfD), Sven Tritschler, schrieb auf seiner Facebook-Seite: „Jedenfalls sollte man seine Kinder von dem Mann fernhalten.“


„Im Nachhinein ergibt alles Sinn“

Er postete zudem ein gezeichnetes Bild, das einen kleinen Jungen auf einem Spielplatz zeigt. Neben dem Jungen steht eine Person mit dem hineinmontierten Konterfei von Beck. Über dem als Buchcover gestalteten Foto steht geschrieben: „Max geht nicht mit Volker mit.“

Dazu gepostete Tritschler den Kommentar: „Demnächst im Buchhandel: Herausgegeben von der BZgA - Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung.“ Dahinter setzte Tritschler einen Smiley.

Der AfD-Politiker spielt mit seiner Kommentierung auf Pädophilie-Vorwürfe gegen Beck an. Kurz vor Bundestagswahl 2013 war ihm vorgehalten worden, er habe über einen früheren Aufsatz zu pädophilen Positionen nicht die Wahrheit gesagt.

Der „Spiegel“ hatte damals über ein Dokument berichtet, das belege, dass Beck 1988 in einem Beitrag für ein Buch eine „Entkriminalisierung der Pädosexualität“ tatsächlich befürwortet habe. Beck hatte dagegen erklärt, sein Text sei vom Herausgeber nachträglich verändert worden. Er selbst sieht das durch das neue Dokument belegt.

Auch der Co-Chef der Jungen Alternative, Markus Frohnmaier, kommentierte den Fall Beck. Auf seiner Facebook-Seite schrieb er: „Zu den Nachwirkungen von Chrystal Meth gehören unter anderem Wahnvorstellungen. Im Nachhinein ergibt alles Sinn.“

Dagegen zeigte die AfD-Bundeschefin Beatrix von Storch Mitleid mit Beck: „Bei allen klaren Differenzen in fast allen politischen Bereichen: Ich hoffe, er kommt über ein mögliches Drogenproblem hinweg“, schrieb die AfD-Europaabgeordnete auf ihrer Facebook-Seite.

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