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CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach Abbau der kalten Progression schon 2016

Die Union muss mehr Politik für Unternehmen und Leistungsträger machen. Das fordert das CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach vor der Tagung in Wildbad Kreuth.

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CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Michelbach, welches wirtschafts- und finanzpolitische Signal soll von der Tagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth ausgehen?

Michelbach: Wir müssen verhindern, dass die Unternehmen von einer rückwärtsgewandten Politik belastet werden…

… womit Sie die bisherige Arbeit der großen Koalition in Berlin kritisieren, der CDU, SPD und CSU angehören.

Der Koalitionsvertrag enthält Licht und Schatten und macht mich nicht wirklich glücklich. Große Koalitionen haben eben das grundsätzliche Problem, dass sich die Umverteiler sehr wohl fühlen. Umso mehr muss jetzt der Wirtschaftsflügel der Union zugunsten der Unternehmen gegensteuern.

Zusätzliche Belastung für Familien (Ehepaar mit 2 Kindern) durch die kalte Progression in dieser Legislaturperiode ab einem zu versteuerndem Jahreseinkommen* von:

Was haben Sie in diesem Jahr denn vor?

Wir müssen klare Botschaften zugunsten von Leistungsbereitschaft und –gerechtigkeit senden. Dazu gehört vor allem der Abbau der kalten Progression.

Einen Ausgleich für den progressiven Steueranstieg bei steigenden Löhnen wollten Sie schon 2013 schaffen, jetzt hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble frühestens das Jahr 2017 angepeilt.

Die Steuereinnahmen entwickeln sich so gut, dass wir das früher schaffen, ohne den ausgeglichenen Bundeshaushalt zu gefährden. Wenn die nächste Steuerschätzung im Mai den positiven Trend bestätigt – wovon ich ausgehe -, dann können wir den Abbau der kalten Progression sofort angehen. Dann sollten wir in diesem Jahr ein Gesetz zum Abbau der kalten Progression verabschieden, das Anfang 2016 in Kraft tritt. Das wäre ein wichtiger Leistungsanreiz mit der Handschrift der Union.

Das sagen Experten zur kalten Progression
Die Abschaffung der kalten Progression würde nach Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu mehr Wachstum in Deutschland führen. Das Bruttoinlandsprodukt könnte bis 2016 um fünf Milliarden Euro zusätzlich steigen, sollte die kalte Progression entfallen, sagte ZEW-Präsident Clemens Fuest der "Bild"-Zeitung. Das Plus entspricht einem zusätzlichen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozent. Zur Begründung sagte Fuest, die steuerliche Entlastung würde den Konsum der Bundesbürger ankurbeln und die Nachfrage nach Dienstleistungen und Produkten erhöhen. Quelle: dpa
Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD hatten Ende April bekräftigt, dass ein Abbau der sogenannten Kalten Progression bei der Einkommensteuer in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten ist. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte zum Abschluss einer Klausurtagung der Fraktionsspitzen in Königswinter bei Bonn, dies stehe nicht im Koalitionsvertrag. Die CSU sieht für einen Abbau der kalten Progression frühestens 2018 Spielraum. Quelle: dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht aktuell keinen Spielraum für eine Steuerentlastung. Dies bekräftigte sie nach Angaben aus Teilnehmerkreisen auf einer CDU-Vorstandssitzung. Schon zuvor hatte Regierungssprecher Steffen Seibert betont, 2014 und 2015 gebe es keine Spielräume. Quelle: AP
Auch Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) sagte gegenüber dem "Weser Kurier", der Abbau der kalten Progression sei "sicherlich erstrebenswert", er habe aber aus ihrer Sicht keine Priorität. Vorrang habe der angestrebte ausgeglichene Haushalt. Nahles verwies zugleich darauf, dass die Verminderung der kalten Progression eine "faire Finanzierung" voraussetze. Über die Gegenfinanzierung gibt es jedoch Streit. Quelle: dpa
Ungeachtet der Absage der großen Koalition hält die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) einen baldigen Abbau schleichender Steuererhöhungen für nötig. „Wir haben Handlungsbedarf und sollten die kalte Progression gemeinsam angehen. Wenn die Steuereinnahmen weiter so sprudeln, kann das ein Thema für den Haushalt 2015 werden“, sagte sie der Zeitung „Die Welt“. Für die Länder wären Korrekturen bei der kalten Progression allerdings „ein Riesenkraftakt“, schränkte die Ministerpräsidentin ein. „Wir müssten daher über Kompensationen sprechen.“ Quelle: dpa
Nach der Absage der schwarz-roten Koalition an rasche Steuersenkungen will Bayern ein eigenes Konzept zum Abbau der kalten Progression vorlegen. Die Vorlage solle nicht aktuell umgesetzt werden, sondern erst in einigen Jahren. „Wir müssen in dieser Frage Schrittmacher bleiben“, sagte Finanzminister Markus Söder (CSU) „Spiegel Online“. Der Gesetzentwurf solle bereits in wenigen Wochen vorliegen. Ein Einstieg in den Abbau der „kalten Progression“ ist nach Einschätzung des CSU-Politikers erst ab 2018 realistisch: „Es gibt da keine schnelle Lösung.“ Quelle: dpa
Die Linke will die Abschaffung der kalten Progression parlamentarisch in Gang bringen. "Wir werden das Thema im Bundestag auf die Tagesordnung setzen", sagte Parteichef Bernd Riexinger der "Rheinischen Post". Es sei ein Armutszeugnis, dass die große Koalition nicht einmal den Einstieg in eine Gerechtigkeitswende zustande bringe. "Die Abschaffung der kalten Progression ließe sich mit ein wenig Mut aus der Portokasse finanzieren", erklärte Riexinger. Wenn die Mövenpick-Steuer abgeschafft und 500 Steuerprüfer für die gezielte Kontrolle der Vermögens- und Einkommensmillionäre abgestellt würden, wäre das Geld bereits beisammen, so Riexinger. Quelle: dpa

Eine andere Baustelle ist die Überarbeitung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Wie wollen Sie das umsetzen?

Die Familienunternehmer brauchen rasch Klarheit. Deshalb bin ich für eine Anpassung innerhalb der nächsten sechs Monate. Wichtig ist, dass die Generationenbrücke nicht unter zusätzlichen Steuerlasten leidet. Und wir müssen die Verfassungsprobleme bei der Kleinunternehmerregel und dem Verwaltungsvermögen pragmatisch lösen, ohne dass es bürokratisch wird. Ich sehe hier auch die Chance, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuer endlich nach den regionalen Bedürfnissen gestaltet wird. Die Bundesländer sollten eine Regionalisierungsoption erhalten. Die Länder sollen selbst entscheiden können, ob sie unter den Steuersätzen bleiben, die Bundestag und Bundesrat beschließen.

Ist Griechenland auch ein Thema bei der CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth?

Darüber werden wir sicherlich sprechen. Klar ist, dass die CSU gegen Neuverhandlungen über die Rettungsmaßnahmen für Griechenland ist. Eine Transferunion darf es nicht geben, jede Hilfsleistung muss mit einer Reformleistung einhergehen.

Kann eine Linksregierung in Athen nicht die anderen Euro-Länder erpressen?

Das Erpressungspotenzial ist sehr viel geringer als vor zwei, drei Jahren. Seither haben wir einen Rettungsfonds und eine Bankenunion aufgebaut.

Und wenn es doch zu Nachverhandlungen kommt – von längeren Zahlungszielen über weniger Reformen oder einen Schuldenschnitt?

Alle Änderungen müssen vom Deutschen Bundestag genehmigt werden. Ohne Plazet des Parlaments darf die Bundesregierung keine zusätzlichen Hilfen oder Entlastungen für Griechenland beschließen. Das ist eine hohe Hürde.

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