Curry & Politics „Die Grünen sind gegenwärtig die Steigbügelhalter der AfD“

Christian Lindner fordert Untersuchungsausschuss zum BAMF-Skandal Quelle: Dominik Butzmann

Wer trägt die Schuld am BAMF-Skandal? Christian Lindner will diese Frage in einem Untersuchungsausschuss klären – und kritisiert die Grünen für ihre Blockadehaltung.

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Christian Linder ist dieser Tage auf Tour durch das politische Berlin. Auf BAMF-Tour, könnte man sagen. Seit sich der Skandal um die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, weiter ausweitet, drängt der FDP-Chef auf eine parlamentarische Aufarbeitung. Gestern stellte er den Einsetzungsantrag seiner Fraktion für einen Untersuchungsausschuss vor. Der soll klären, was im BAMF in den vergangenen Jahren schief gelaufen ist – oder eben nicht. Noch fehlt Lindner die erhoffte Unterstützung von Grünen und Linken. Auch die AfD fordert in einem eigenen Antrag einen Untersuchungsausschuss.

Und so ist es wenig überraschend, dass Lindner zurzeit keine Gelegenheit auslässt, die Grünen zu kritisieren. „Die Grünen sind gegenwärtig die Steigbügelhalter der AfD, weil sie eine echte Aufarbeitung im Parlament verhindern“, sagte er bei „Curry & Politics“, einer exklusiven Veranstaltung für die Mitglieder der Leser-Clubs von „WirtschaftsWoche“ und „Handelsblatt“. Nur mit Transparenz könne man die politische Instrumentalisierung durch die AfD und die vielen Verschwörungstheorien zur Flüchtlingskrise kleinkriegen.

Lindner betonte, dass er die Opposition nicht allein der AfD überlassen wolle. Dass es ihm eben nicht um eine unnötige Skandalisierung ginge. Man habe den Antrag für den Untersuchungsausschuss daher bewusst neutral formuliert – so wie es etwa bei Compliance-Vorfällen in Unternehmen üblich sei. Der FDP-Chef, der auch die Bundestagfraktion seiner Partei führt, fasste die Bemühungen mit einer knappen Politikerfloskel zusammen: „Wir machen Druck aus der Mitte des Parlaments.“

Über 100 Clubmitglieder hatten sich angemeldet, um Christian Lindner live zu hören und zu erleben. Quelle: Dominik Butzmann

Das zweite große Thema, bei dem Lindner derzeit punkten will, ist Europa.

Ein Währungsfonds für Europa

Hatte die FDP im Wahlkampf 2017 noch die langfristige Abschaffung des Euro-Rettungsfonds ESM gefordert, gibt sie sich in der Opposition betont pro-europäisch. Vor ein paar Wochen hielt Lindner auf dem FDP-Parteitag eine entsprechend kämpferische Rede – aus der er gerne nochmal zitierte. Er wiederholte sein Ja zu einer gemeinsamen Asylpolitik, und zu einer EU, die beim Freihandel mit einer Stimme spricht. Auch einen Europäischen Währungsfonds (EWF) könne er sich gut vorstellen, wenn er denn anders als die Europäische Kommission nicht politisch agiere. Lindner erklärte allerdings auch, wo für ihn die Grenze verläuft – dann nämlich, wenn deutsche Sparer für italienische Risiken haften müssten. „Es ist nicht europafreundlich, alles zu vergemeinschaften.“

Irgendwann im Gespräch mit den Lesern von „WirtschaftsWoche“ und „Handelsblatt“ kam es dann so wie überall, wo der FDP-Chef im vergangenen halben Jahr aufgetreten ist: Ganz ohne Jamaika-Rückblick geht es nicht. Ob er wirklich nicht bereue, die Koalitionsverhandlungen beendet zu haben?

Lindner nahm die Frage interessiert nickend entgegen, so als denke er zum ersten Mal darüber nach. Aber man spürt, dass er sich bei diesem Thema eine gewisse Routine erarbeitet hat. Er sei stolz auf die Prinzipienfestigkeit der FDP, sagte Lindner. Und er werde noch in seinen Wahlkampfreden 2021 darüber sprechen. Schnell fügte er allerdings hinzu: „Falls mich meine Partei nochmal als Spitzenkandidat aufstellt.“

Zwischen Journalisten: Die Leiter der Hauptstadtbüros Sven Böll (WirtschaftsWoche, links) und Thomas Sigmund (Handelsblatt, rechts) moderierten die Diskussionsveranstaltung. Quelle: Dominik Butzmann

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