Daily Punch Diesen Vertrauensbruch muss Olaf Scholz wieder gutmachen

Olaf Scholz versprach Unternehmern als Finanzminister Hilfe in der Coronakrise. Heute wirkt dieses Versprechen leer. Quelle: AP

Viele Unternehmer erleben momentan ein böses Erwachen: Sie müssen die Corona-Soforthilfen zurückzahlen. Dabei hatte Olaf Scholz einst Hilfe mit „Wumms“ versprochen. Die Bundesregierung muss jetzt liefern.

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Eine „Bazooka“ und viel „Wumms“ hat Olaf Scholz den Unternehmen im März 2020 versprochen. Die Corona-Soforthilfen waren speziell für Selbstständige und kleine Betriebe gedacht. Doch die Bundesregierung hat das Versprechen von direkten Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen, gebrochen. Mittlerweile fordert sie laut „Handelsblatt“ Rückzahlungen in Höhe von 287,7 Millionen Euro – und das dürfte erst der Anfang sein.

Mehr als anderthalb Jahre nach der Ausschüttung kommen die Soforthilfen wie ein Bumerang zurück. Das trifft besonders Unternehmen, die im ersten Lockdown kaum Umsatz gemacht haben und bis heute unter Corona-Maßnahmen leiden. Im dritten Jahr der Pandemie muss Kanzler Olaf Scholz endlich Hilfsprogramme schaffen, die die Wirklichkeit der Unternehmen berücksichtigen. Da die Soforthilfen aus Steuergeldern finanziert wurden, ist eine nachträgliche Überprüfung verständlich. Doch wenn Unternehmen im Nachhinein wegen schlechter Kommunikation und zu engen Voraussetzungen Hilfen zurückzahlen müssen, ist das ein Unding.

Kleinunternehmer, wie Friseure und Einzelhändler, sollten eigentlich Umsatzeinbußen für drei Monate ersetzt bekommen. Das Problem: Diese drei Monate gelten erst ab Antragstellung. Umsatzausfälle aus dem ersten Krisenmonat März 2020 wurden bei vielen nicht berücksichtigt, dafür aber hohe Einnahmen im Juni, als wieder geöffnet wurde. Friseure werden nun dafür bestraft, dass sie im Sommer 2020 sechs Tage die Woche den Kunden die Haare geschnitten haben. Sie müssen Geld zurückzahlen, weil durch den Berechnungszeitraum die Gesamtverluste geringer ausfallen, als von ihnen angegeben. Die Bundesregierung hätte lieber das ganze Geschäftsjahr als Berechnungsgrundlage nehmen sollen. Das hätte die wirklichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie gezeigt.



Das größte Problem: Woher sollen die Kleinunternehmer das Geld jetzt nehmen? Kontaktbeschränkungen, Hygienemaßnahmen und 2G-Regelungen sorgen weiterhin für weniger Kunden und Aufträge, die Rücklagen sind häufig aufgebraucht. Die Soforthilfen waren zudem auf 9000 beziehungsweise 15.000 Euro gedeckelt. Angesichts weiterlaufender Kosten für Miete und Personal war das nur ein kleiner Zuschuss. Zwar zeigen sich manche Bundesländer kulant, verlängern die Rückzahlungsfrist oder bieten Ratenzahlungen an – aber nicht alle.

Eine Unternehmergruppe überging die Politik gar komplett: die Solo-Selbstständigen. Die Corona-Hilfen durften nur für Betriebskosten wie beispielsweise Mieten oder Telefonrechnungen genutzt werden. Freiberufliche Berater, Tontechniker und Künstler haben aber oft keine Büroräume. Sie hätten Geld gebraucht, um Lebensmittel zu kaufen oder ihre Krankenkassen zu bezahlen. Als einzige Möglichkeit blieb ihnen, Hartz IV zu beantragen – aber vorher mussten sie ihre Altersvorsorge aufbrauchen, um einen Anspruch zu erwerben. Die vollmundigen Versprechen zu Pandemiebeginn klingen vor diesem Hintergrund lächerlich.

Bund und Länder haben viel Vertrauen verspielt. Der Frust ist bei vielen Unternehmern groß, und manch einer wird sich noch einmal ganz genau überlegen, ob er erneut Corona-Hilfen beantragt. Ohne weitere Hilfsgelder wird es aber wohl nicht gehen, denn das Ende der Pandemie ist noch nicht absehbar. Scholz muss nun Hilfsprogramme schaffen, die den Unternehmen wirklich helfen und ihre Not nicht noch verstärken. Das wäre der „Wumms“, den die deutsche Wirtschaft jetzt braucht.

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