Datenskandal Hamburger Datenschützer zweifelt an Facebooks „Demutsgesten“

Facebook-Chef Zuckerberg entschuldigt sich bei deutschen Nutzern für den Datenskandal. Datenschützer Caspar hält das für unglaubwürdig.

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„Es ist und bleibt auch künftig das Geschäftsmodell von Facebook, Daten zu sammeln und sie gegen Geld den Personen mit den passenden Profilen zugänglich zu machen.“ Quelle: dpa

Berlin In Deutschland wächst der Unmut über die Aufklärungsbereitschaft von Facebook nach dem Skandal um den Missbrauch von Nutzerdaten. Der bundesweit für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar kritisierte insbesondere die Informationspolitik des Online-Netzwerks.

Caspar nahm dabei Bezug zum Auftritt einiger Facebook-Vertreter am Montag im Bundesjustizministerium. Der Datenschützer hatte an dem Treffen als Gast teilgenommen.

„Es ist und bleibt auch künftig das Geschäftsmodell von Facebook, Daten zu sammeln und sie gegen Geld den Personen mit den passenden Profilen zugänglich zu machen“, sagte Caspar dem Handelsblatt. „Insoweit bleibt zu befürchten, dass dieser Skandal außer Entschuldigungsstatements und Demutsgesten bei Facebook keine wirklichen Konsequenzen nach sich ziehen wird.“ Etwas anderes lasse sich jedenfalls aus den bisherigen Stellungnahmen nicht herauslesen.

Caspar hält vor diesem Hintergrund ein härteres Vorgehen der Politik gegen Facebook für unumgänglich. „Dass Unterschiede bestehen, wenn es sich um Konsumgewohnheiten handelt oder um die Beeinflussung der politischen Willensbildung, hat bei Facebook lange keine Rolle gespielt“, sagte er.

Es werde daher künftig darum gehen, „nicht nur die Datenschutzvorgaben – die informierte und explizite Einwilligung, Privacy by Design sowie klare und verständliche Informationen des Nutzers – einzufordern“. Für das Netzwerk müssten zudem „Transparenz- und Rechenschaftspflichten“ gelten, die eine Manipulation von Menschen bei politischen Entscheidungen künftig verhindere.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erklärte nach dem Treffen mit Facebook-Vertretern, das Unternehmen werde diejenigen Nutzer informieren, deren Daten missbraucht wurden. Ob dies tatsächlich geschehen wird, daran hat auch der CDU-Digitalpolitiker Thomas Jarzombek seine Zweifel. „Wie es aussieht, wurden auch der Ministerin nur Pressetexte vorgetragen“, sagte Jarzombek dem Handelsblatt.

Wie der Datenschützer Caspar plädiert auch Jarzombek für Konsequenzen nach dem Missbrauch von Millionen von Facebook-Nutzerdaten durch die britische Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica. Mit Hilfe dieser Daten sollen Wähler im US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump gezielt mit unerlaubter Wahlwerbung beeinflusst worden sein. Bei dieser als Micro-Targeting bezeichneten Methode spielen Algorithmen eine wichtige Rolle.

Facebook will Werbekunden und Nutzer halten

„Wir sind uns einig, dass Entscheidungen durch Algorithmen nicht unkontrolliert bleiben dürfen“, sagte Jarzombek. „Insgesamt müssen bestehende Diskriminierungsverbote auch bei Algorithmen durchgesetzt werden.“

Von einem „Algorithmen-Tüv“, wie er von Verbraucherschützern gefordert wird, hält Jarzombek wenig. Die Diskussion darüber kranke daran, „dass immer nur auf der Metaebene diskutiert wird und konkrete Mechanismen fehlen“, sagte der CDU-Politiker

Jarzombek verwies auf den Koalitionsvertrag, wonach eine Datenethikkommission für mögliche Regulierungsansätze ins Leben gerufen werden soll. „Diese soll und wird konkrete Handlungsvorschläge machen und auch die konkrete gesetzliche Verankerung erarbeiten“, sagte der CDU-Politiker.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg erteilte am Dienstag einem Auftritt vor britischen Parlamentariern eine Absage. Stellvertreter würden dem Ausschuss Digitales Rede und Antwort stehen, teilte das weltgrößte Internet-Netzwerk mit.

Neben Abgeordneten fordern Datenschützer weltweit Erklärungen hinsichtlich der Rolle des Konzerns in der Datenaffäre. Facebook steht unter immensem Druck, Antworten darauf zu liefern. Neu sind die Ermittlungen der US-Verbraucherschutzbehörde FTC und der Generalstaatsanwälte von 37 US-Bundesstaaten.

In den vergangenen Tagen hat sich der 33-jährige Firmenchef immer wieder in Interviews entschuldigt. Zu der Charmeoffensive gehörten auch ganzseitige Anzeigen in überregionalen Zeitungen in den USA, Großbritannien und am Dienstag auch in Deutschland.

Facebook geht es dabei vor allem darum, Werbekunden und Nutzer zu halten, die vom Skandal und der fehlenden Transparenz bei den Datenschutzregeln abgeschreckt sind. Zuckerberg wirbt deshalb: „Ich verspreche, dass wir unsere Arbeit in Zukunft besser machen.“

Dazu soll in Deutschland auch die Bertelsmann-Tochter Arvato beitragen, die sich um die Löschung von Hass-Kommentaren und von anderen anstößigen Nutzerbeiträgen auf Facebook kümmert. Damit sind bei Arvato mittlerweile 2000 Mitarbeiter beschäftigt.

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