Debatte im Bundestag Streit über Neueinstufung der Maghreb-Staaten

Im Bundestag tobt eine hitzige Debatte über die mögliche Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer. Innenminister De Maizière verteidigt seinen Vorschlag vehement – und wird dafür scharf kritisiert.

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Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigt im Bundestag seine Vorschläge. Quelle: dpa

Berlin Der Vorschlag der Bundesregierung, Tunesien, Algerien und Marokko als „sichere Herkunftsländer“ einzustufen, hat im Bundestag zu einer hitzigen Debatte geführt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Freitag vor der Abstimmung in einer Rede, die von Zwischenrufen der Opposition begleitet war: „Zum Helfen gehört auch Nein sagen können.“ Ziel seines Gesetzentwurfes ist es, die Asylverfahren zu verkürzen. Wer aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat kommt, hat in der Regel kein Recht auf Asyl.

Die Opposition und einige SPD-Politiker sehen den Vorstoß kritisch – auch weil Homosexualität in den Maghreb-Staaten strafbar ist. Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte den Vorstoß: „Die Bundesregierung beschönigt die Lage und ignoriert Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern“, so die Organisation vor der Abstimmung.

Das Gesetz sei verfassungswidrig – staatliche Repression, Folter und die Verfolgung von Minderheiten seien asylrelevante Tatsachen, die nicht aus politischem Opportunismus bagatellisiert werden dürften. Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, sagte: „Wir lehnen grundsätzlich so ein Asylrecht zweiter Klasse ab.“ In allen drei Staaten werde gefoltert.

Im vergangenen Jahr hatten die Behörden einen Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge aus dem Maghreb registriert. Inzwischen kommen wieder weniger – im Februar waren es 599, im März 480. Ein Grund dafür ist der allgemeine Rückgang der Flüchtlingszahlen durch die Schließung der Balkanroute.

Die Anerkennungsquote von Asylbewerbern aus Tunesien, Marokko und Algerien lag im ersten Quartal dieses Jahres bei 0,7 Prozent. De Maizière sagte, einige Nordafrikaner kämen nach Deutschland, „weil die Leistungen besser sind als vielleicht die Lebensbedingungen im Herkunftsland“.

Von Behördenvertretern und ehrenamtlichen Helfern hört man, diese Gruppe mache besonders häufig Probleme. Laut Bundesinnenministerium werden illegal eingereiste Nordafrikaner häufiger straffällig als Schutzsuchende aus anderen arabischen Staaten. Das hängt wohl vor allem mit den Ursachen für ihre Migration zusammen. Anders als Libyer oder Syrer, die meist vor Krieg, Terror und politischer Verfolgung fliehen, treibt die Menschen aus den Maghreb-Staaten oft die Arbeitslosigkeit, verbunden mit sozialen oder familiären Problemen.

Ende März lebten hierzulande 6690 Ausreisepflichtige aus dem Maghreb: 1290 Tunesier, 2528 Marokkaner und 2791 Algerier. De Maizière war im März nach Nordafrika gereist, um mit den Regierungen der Maghreb-Staaten eine bessere Kooperation bei Abschiebungen zu vereinbaren.

Allerdings werden nicht alle Maghrebiner, die Deutschland verlassen müssen, in ihre Herkunftsstaaten abgeschoben. Viele von ihnen werden nach der sogenannten Dublin-Verordnung in andere Staaten zurückgeschickt, aus denen sie nach Deutschland eingereist waren.

Von Januar bis März dieses Jahres wurden bundesweit 67 Algerier abgeschoben, davon 25 nach Algerien. Von den 60 Marokkanern, die im gleichen Zeitraum gehen mussten, beförderten die deutschen Behörden 18 nach Marokko. 14 der 26 Tunesier, die zur Ausreise gezwungen wurden, brachte man nach Tunesien.

Am 7. April kam erstmals ein zwischen der tunesischen Regierung und Deutschland vereinbartes erleichtertes Sammelverfahren zur Anwendung. Mit einer Chartermaschine wurden 24 Tunesier aus Sachsen in ihre Heimat gebracht.

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