Demografische Entwicklung Europa mangelt es an Humankapital

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Von West nach Ost?

Die Studie zeigt außerdem: Die Ströme der Bevölkerungswanderung innerhalb Deutschlands haben sich verändert. Nach der Wende 1989 hatten in den ersten 25 Jahren rund 1,8 Millionen Menschen die ehemalige DDR verlassen. Erst vor drei Jahren, also 2013, fand der Ausgleich statt. Demnach liegen Berlin und Leipzig weit vorne in Sachen Zuwanderung, noch vor den süddeutschen Regionen in Bayern und Baden-Württemberg. Grund dafür ist Berlins Start-up Szene und Leipzigs Messe und Automobilbau.

Ob man in Zukunft sogar den Umkehrschluss, also eine Wanderung vom Westen in den Osten Deutschlands erwarten kann, will Sievert weder bestätigen noch ausschließen: „Das kommt ganz drauf an, wie sich die verschiedenen Regionen entwickeln und ob Regionen im Osten attraktiver für Arbeitnehmer werden als die westlichen Regionen. Ich will da keine Prognose wagen, aber die jetzige, ausgeglichene Ausgangssituation schließt die Möglichkeit nicht aus.“

Ebenfalls in Richtung Ausgleich entwickeln sich mitteleuropäische Länder, allen voran Tschechien: 2016 war es das Land mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit in ganz Europa. „Die Länder in Mitteleuropa machen eine gute Entwicklung durch und schaffen langsam aber sicher den Anschluss. Im Gegensatz dazu leiden die südöstlichen Länder unter einem Fachkräftemangel durch die hohe Abwanderungszahl“ weiß Sievert.

Die zehn besten Städte Deutschlands
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Das stelle Länder wie Rumänien oder Bulgarien vor einen Konflikt: Sie stehen Zuwanderern kritisch gegenüber, egal woher diese kommen, können die eigenen Leute aber kaum im Land halten. Die beiden Staaten sind die ärmsten Mitgliedsländer der EU. Auch die baltischen Staaten leiden unter den Verlusten durch die Abwanderungen.

Besonders überraschend sind diese Ergebnisse für die wenigsten. Das weiß auch Sievert: „Die großen Trends sind sicherlich nichts Neues – die Alterung der Bevölkerung und der Rückgang der Geburten sind ein altbekanntes Problem. Spannend finde ich vor allem, dass wir mit der Studie den engen Zusammenhang von ökonomischen und demografischen Entwicklungen zeigen konnten.“ Sievert spricht vom Rückgang der Geburten nach der Wirtschaftskrise 2008: Ab den 2000ern bis zur Krise war ein Bevölkerungswachstum in den meisten Ländern Europas zu beobachten, nach der Krise brachen die Zahlen ein.

„Außerdem ist es überraschend, wie stark die Bevölkerungszahlen der osteuropäischen Länder schon jetzt durch die niedrigen Geburtenraten in den 1990ern beeinflusst werden“, erklärt Sievert. Diese Länder altern deutlich schneller als der Rest und könnten schon in wenigen Jahren, nach einigen Ländern in Südeuropa, zu den ältesten der Welt gehören.

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