Demographie Keine Kinder, große Sorgen

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Sind die Gesetze familienfreundlich?


Das sind Deutschlands Schrumpf-Großstädte
Platz 10: Salzgitter (9.908)Die Wirtschaft in Salzgitter ist geprägt durch Großindustrie. Doch trotz Arbeitgebern wie der Salzgitter AG schrumpfte der drittgrößte Industriestandort Niedersachsens zwischen 2000 und 2010 immer mehr - um 9.908 Einwohner. Als Reaktion bemühte sich die Stadt im Rahmen des Forschungsvorhabens „Stadtumbau West“ um Gelder. Mit Erfolg: Ein zweistelliger Millionenbetrag ist aus unterschiedlichen Fördertöpfen in verschiedene Vorhaben in die Stadtentwicklung geflossen. So konnte der Marktplatz um gestaltet werden und schmuddelige Ecken der Stadt haben ein neues Gesicht erhalten. 2011 konnte die Stadt erstmals seit langem wieder einen leichten Bevölkerungszuwachs verzeichnen. Im Juli 2011 zählte die Stadt 19 Einwohner mehr als im Monat davor. Quelle: dpa
Platz 9: Gera (- 13.573)Leerstehende Plattenbauten sind in Gera kein Einzelfall. Wer hier jung ist, zieht meist wegen des Jobs weg, da die beruflichen Aussichten in der Region zwischen Thüringen und Sachsen eher schlecht sind. Im Jahr 2000 lebten noch 13.573 Menschen mehr hier als 2010. Wegen des Einwohnerrückgang wird die Stadt auch in den kommenden Jahren beim Städtebau am finanziellen Tropf von Bund und Land hängen. Ein Konzept zum Stadtumbau in Gera sieht den Abriss von mehr als 17.000 Wohnungen bis 2020 vor. Quelle: ZB
Platz 8: Hagen (-14.622)Kauffreudige Menschen in der Hagener Innenstadt werden immer weniger. Schaut man sich die Bevölkerungsstrukturen der Stadt genauer an, stellt man schnell fest, dass besonders die hohe Zahl der 16- bis 25-Jährigen, die Hagen in den kommenden Jahren den Rücken kehren werden, enorm gestiegen ist. Und Statistiker prognostizieren ein Minus von annähernd 36 Prozent. So werden 2030 in der Stadt 7200 Jugendliche und junge Menschen weniger leben als das zurzeit der Fall ist. Und auch die 40- bis 65-Jährigen kehren Hagen mit -22,6 Prozent im Vergleich zu anderen Städten überproportional den Rücken. Die Folgen sind in der Stadt spürbar: Schulschließungen und das Aus vieler Kulturstätten werden immer konkreter. Die Differenz zwischen 2000 und 2010 beträgt ein Minus von 14.622. Quelle: dpa
Platz 7: Halle (-14.803)Die Studentenstadt Halle ist leider nicht nur für seine Hallorenkugeln bekannt, sondern auch dafür, dass sie immer kleiner wird. Damit ist Halle jedoch nicht alleine im Bundesland Sachsen-Anhalt. Heute leben eine halbe Million Menschen weniger im Land als noch vor 20 Jahren. Allein Halle ist zwischen den Jahren 2000 und 2010 um 14.803 Einwohner geschrumpft. Quelle: dpa
Platz 6: Chemnitz (- 15.998)Das historische Rathaus von Chemnitz ist der Mittelpunkt der Altstadt, wo in den letzten Jahren wieder ein wenig Leben eingekehrt ist. Zwischen 2000 und 2010 verlor die Stadt im Südwesten Sachsen immerhin 15.998 Einwohner. Allerdings scheint der Tiefpunkt überschritten, seit 2010 steigt die Einwohnerzahl wieder leicht an - von 240.577 auf 240.809. Quelle: dpa-tmn
Platz 5: Bochum (- 16.410)"Wir bleiben Bochum", mit diesem Slogan kämpften im Frühjahr 2012 die Opel-Mitarbeiter in Bochum um den Erhalt ihres Werks. Obwohl es in Bochum immer weniger Arbeit gibt, und die Stadt stark überaltert ist, zogen 2011 und 2012 wieder mehr Menschen in die Stadt als sie wieder verließen. In der Übersicht belegt Bochum dennoch Platz 5, da im Vergleich der Jahre 2000 und 2010 die Bevölkerung um 16.410 Personen schrumpfte. Quelle: dapd
Platz 4: Wuppertal (- 16.713)Die Stadt der Schwebebahnen mitten im Bergischen Land verliert seit 1992 kontinuierlich Einwohner. Alleine zwischen 2000 und 2010 veränderte sich die Zahl der Einwohner um ein Minus von 16.713. Quelle: dpa/dpaweb

An der Schnittstelle zwischen Zeit und Geld steht das Modell des Familienzeitkredits. Eltern könnten dabei einen langfristigen und zinsgünstigen Kredit erhalten, bei dem der Staat die Bürgschaft übernimmt. So können sie Zeit für eine familienintensive Lebensphase gewinnen. Den Kredit für die Familienzeit zahlen die Eltern dann in einer arbeitsintensiveren Phase wieder zurück.

Die finanzielle Absicherung und Entlastung für Familien ist laut Studie ein wichtiger Punkt, um die Entscheidung für Kinder positiv zu beeinflussen. Hierbei könnte eine Weiterentwicklung staatlicher Transferleistungen in eine Kindergrundsicherung helfen, um den Lebensunterhalt jedes einzelnen Kindes zu sichern. Dies könnte als bedarfsorientierte Sozialleistung am Vorbild der Arbeitslosen-Grundsicherung ausrichten oder aber als bedingungslose Zahlung für jedes Kind zur Verfügung gestellt werden. Auch eine Subventionierung der Sozialversicherungsbeiträge könnte dabei helfen die Lebensumstände mancher Eltern sicherer zu machen und damit Familienplanung zu vereinfachen.

Um potentielle Eltern ein stückweit von der aufzehrenden Mehrfachbelastungen zwischen Familie und Job zu befreien, gleichzeitig Teilhabechancen der Eltern und Kinder am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, sei auch eine Verbesserung der Infrastruktur unabdingbar. Neben einer flächendeckenden Kinderbetreuung, müsse auch auf die Qualität geachtet werden. Die Betreuungsangebote müssen außerdem den modernen Lebens- und Arbeitsumständen der Eltern gerecht werden, etwa durch Kindertagesstätte mit langen Öffnungszeiten, Ganztagsschulen oder Familienzentren, die gleiche Förderung für alle Kinder gewährleisten. Städte und Nahräume müssten darüber hinaus familienfreundlich gestaltet werden.

Über die drei Kernbereiche Zeit, Geld und Infrastruktur hinaus, fordern die Autoren der Studien ein sogenanntes Familien-Mainstreaming: Alle neuen Gesetzesauflagen und Regulierungen müssten dabei über ihr Kernanliegen hinaus außerdem auf die Familienfreundlichkeit überprüft werden. Damit nähme Familienförderung eine zentrale Stellung in Deutschland ein und könnte die Geburtenrate wieder ein wenig anheben – auch wenn Erfolge sicher nicht kurzfristig erreicht werden können.

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