Die öffentliche Diskussion um die Finanzierung der Flüchtlingsausgaben nimmt Fahrt auf. Was die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen kostet, kann zwar derzeit niemand seriös beziffern. Trotzdem muss der Staat mit seiner mittelfristigen Finanzplanung auf die neue Lage reagieren. Kurzfristig helfen die unerwartet hohen Steuereinnahmen bei der Finanzierung. Doch was kommt dann?
Forderungen nach höheren Steuern hält die Politik gegenwärtig noch stand. Das ist gut so, denn höhere Steuern würden den Wachstumsmotor zum Stottern bringen. Auch neue Schulden sollten unterbleiben. Die Versuchung mag angesichts der niedrigen Zinsen hoch sein. Doch sollten wir aus der Schuldenkrise gelernt haben und uns nach Jahrzehnten wieder daran gewöhnen, mit ausgeglichenen Staatshaushalten zurechtzukommen.
Wenn höhere Steuern und neue Schulden ausscheiden, muss die Politik nach Sparpotenzial bei den Staatsausgaben suchen. Spielraum gibt es vor allem bei den konsumtiven Ausgaben im Bundeshaushalt. Der mit Abstand größte Posten dieser Art ist der Bundeszuschuss von rund 80 Milliarden Euro, der in die gesetzliche Rentenversicherung fließt und dort ein Viertel der Ausgaben finanziert. Vor allem ist es Zeit, einen fundamentalen Fehler der Regierung zu korrigieren: die Rente mit 63.
Vor einigen Jahren hatte die Politik auf die Zeichen der Zeit reagiert und die Rente mit 67 eingeführt, die schrittweise bis 2029 in Kraft tritt. Das war absolut notwendig. Im Herbst 2013 hat die große Koalition dann die Spendierhosen angezogen und das Rad zurückgedreht. Der Protest vieler Ökonomen verhallte damals. Wir plädieren nun dafür, die Rente mit 63 rückgängig zu machen – und notfalls auch das Eintrittsalter für Renten und Pensionen schneller und stärker heraufzusetzen als bisher geplant.
Volle Pension ab 63 gibt es für Beamte nicht
Wie stark lässt sich der Bundeshaushalt damit entlasten? Wir haben verschiedene Szenarien mithilfe eines Simulationsmodells durchgerechnet, das die Entwicklung der Rentenfinanzen unter wechselnden Rahmenbedingungen recht genau abbildet. Fazit: Schaffen wir die Rente mit 63 ab 2016 ab, sinken die Rentenausgaben bis 2020 um gut zehn Milliarden Euro und die Bundesmittel für die Rente um 1,5 Milliarden Euro. Wird die laufende Heraufsetzung der Regelaltersgrenze so beschleunigt, dass sie bis 2023 auf 67 Jahre steigt (statt wie derzeit vorgesehen auf 66 Jahre), sinken die Rentenausgaben bis 2020 um mehr als 20 Milliarden Euro und die Bundesmittel um fast zwei Milliarden Euro.
Bei einer radikalen Heraufsetzung der Altersgrenze bis 2020 auf 68 Jahre ergeben sich sogar Einsparungen bei Renten und Bundesmitteln von rund 50 Milliarden beziehungsweise sechs Milliarden Euro. Die gesetzliche Fortschreibung der Bundesmittel reagiert auf Änderungen des durchschnittlichen Rentenzugangsalters nur langsam. Angesichts der deutlich sinkenden Rentenausgaben ließen sich die Bundesmittel daher noch stärker herabsetzen als hier errechnet, ohne den Anteil des Bundes an der Rentenfinanzierung zu verringern.
Natürlich schlagen wir vor, dieselben Änderungen auch bei Beamten vorzunehmen. Eine volle Pension ab 63 gibt es für Beamte nicht. Die zuvor betrachteten Erhöhungen der Regelaltersgrenze auf 67 oder 68 Jahre führen bei der Beamtenversorgung bis 2020 gegebenenfalls aber zu Einsparungen von insgesamt 1,8 oder sogar neun Milliarden Euro, die vor allem Länder und Kommunen entlasten würden.
Eine stärkere Verlängerung der Lebensarbeitszeit entlastet auch Kranken- und Pflegeversicherung. Dort ließen sich die anstehenden Beitragserhöhungen dämpfen. Sie führt außerdem zu höheren Steuereinnahmen, da Löhne und Gehälter höher ausfallen als Renten oder Pensionen. Diese Mehreinnahmen lassen sich schwer abschätzen. Sie dürften in den verschiedenen Szenarien aber ebenfalls ein- bis zweistellige Milliardenbeträge erreichen.
Die Flüchtlinge müssen nicht dauerhaft solch finanzielle Lasten erzeugen, wie sie es derzeit tun. Wenn sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren, werden die Lasten geringer und die Perspektiven für die öffentlichen Finanzen besser. Aber das gilt es abzuwarten. Gegenwärtig ist es richtig, unnötigen Luxus wie vorzeitige volle Renten abzuschaffen und bei den sonstigen Sozialausgaben Umschichtungen vorzunehmen, die längerfristig ohnehin anstehen.