Die Einkommen der Deutschen steigen stark, der Steuertarif wird allerdings nur langsam angepasst – das hat für immer mehr Steuerzahler dramatische Folgen: In diesem Jahr müssen bereits 2,99 Millionen Steuerpflichtige den Spitzensteuersatz zahlen. Wie groß die Dynamik ist, zeigt sich daran, dass damit 140.000 Deutsche mehr mit dem Spitzensteuersatz veranschlagt werden als noch im vergangenen Jahr – und sogar fast 650.000 mehr als 2014.
Diese Zahlen gehen aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor. Über eine mögliche Entwicklung bis zum Ende der Legislaturperiode wollten die Experten von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) keine Prognose abgeben. „Dass die Bundesregierung keine Auskunft darüber geben möchte, halte ich für ungerechtfertigt“, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Carl-Julius Cronenberg.
Er geht bei einer allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung von drei Prozent pro Jahr davon aus, dass rund 150.000 Bürger jährlich mehr „in den Spitzensteuersatz gespült werden“. Das sei keine Entlastung, wie sie im Koalitionsvertrag versprochen gewesen sei, sondern eine weitere Überbelastung, so Cronenberg.
Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?
Alleinstehende Arbeitnehmer, die nur bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, müssen in der Regel keine Steuererklärung abgeben. Das ändert sich, wenn ...
- wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro pro Jahr erzielt wurden.
- der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern gleichzeitig beschäftigt ist oder war.
- keine Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit mit Lohnabzug erzielt wurden, aber der Gesamtbetrag der Einkünfte bei einem Ledigen im Jahr 2016 beispielsweise durch eine Rente über 8.652 Euro liegt.
- Lohnersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Elterngeld über 410 Euro pro Jahr bezogen wurden.
- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen wurde (– beispielsweise ein Freibetrag für Werbungskosten) und der Arbeitslohn über11.000 Euro liegt (20.900 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten)
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und einer der Ehegatten nach der Steuerklasse V oder VI besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer verheiratet ist und die Ehegatten nach dem sogenannten Faktorverfahren besteuert wurde.
- der Arbeitnehmer nacheinander bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt war und ein Arbeitgeber einen sonstigen Bezug (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Abfindungen) versteuert hat, bei dem der Arbeitslohn beim anderen Arbeitgeber nicht mit einbezogen wurde.
- der Arbeitnehmer geschieden wurde – oder der Ehegatte gestorben ist – und er im gleichen Jahr wieder geheiratet hat.
- zum Ende des Vorjahres ein sogenannter Verlustvortag festgestellt wurde – beispielsweise Verluste aus Vermietung und Verpachtung.
Derzeit greift für Singles ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 54.950 Euro der Spitzensteuersatz. Auf jeden weiteren verdienten Euro fallen dann 42 Prozent Steuern an. Für ledige Top-Verdiener existiert für Einkommen ab 260.533 Euro darüber hinaus noch die sogenannte Reichensteuer. Bei Verheirateten verdoppeln sich die Beträge entsprechend.
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