Deutsch-chinesische Beziehung Zypries trifft Chinas weibliche Wirtschaft

Die Emanzipation der Frau gehört zur Staatsdoktrin der Volksrepublik. Wirtschaftsministerin Zypries trifft zum Auftakt ihrer dreitägigen Chinareise weibliche Führungskräfte – und leistet sich einen kleinen Twitter-Patzer.

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Die Wirtschaftsministerin unterhält sich in China mit Gründerinnen – und vertritt deutsche Interessen. Quelle: Reuters

Peking Umringt von Hochhäusern hat Unternehmer Eric Liu eine kleine Oase geschaffen: Bäume umringen den kleinen Teich im Innenhof der Startup-Zentrale. Traditionelle chinesische Gemälde zieren den Konferenzraum der Firma Jumore. Unter großen gelben Deckenlampen steht ein runder Tisch. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) schießt noch schnell ein Foto mit ihrem Smartphone, bevor sie sich auf den Chefsessel setzt. Neben ihr haben 15 Gründer Platz genommen. Die meisten sind Frauen, nur wenige Männer sind darunter.

Es ist der erste Arbeitstermin der Ministerin während ihres dreitägigen Besuchs in Peking. Morgen steht die Teilnahme am Seidenstraßen-Forum an. Ein Pflichttermin, den Zypries von Bundeskanzlerin Angela Merkel auferlegt bekommen hat. Die CDU-Chefin hatte wohl an den Tagen kurz vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen andere Sorgen.
Deutschland soll stattdessen Zypries vertreten. Schließlich geht es um das wichtigste Projekt von Chinas Präsidenten Xi Jinping. Mit seiner Seidenstraßen-Initiative will er Europa, Asien und Afrika verbinden. Und dabei möchte Deutschland mitsprechen.

In Peking nimmt sich Zypries aber erstmal Zeit für die Gründerinnen. „Mich interessiert, wie sie das hier machen, in diesem Land“, fängt sie an. Wie werden Start-ups finanziert, und welche Schwierigkeiten haben Frauen in der Geschäftswelt, will die Ministerin wissen.
Schon bei ihren letzten Reisen war der Austausch mit lokalen Gründerinnen stets fester Bestandteil des Programms der Ministerin. In Nairobi traf sie sich mit Unternehmerinnen an frischer Luft unter schattigen Bäumen, in Südafrika schaute sie sich ein Unternehmerinnennetzwerk an.

„Ich habe meine Firma selbst aufgebaut“, sagt Unternehmerin Wang Jing. „Ich habe kein Geld vom Staat bekommen.“ Für ihre Online-Plattform ZhongTianXunLian habe sie selbst Kapital von Investoren eingeworben. Ihr Konzept sei sehr gut angekommen, sagt die Gründerin. Über das Internet bietet sie Onlinekurse an: Von Englischschulungen, über Schulfächer bis hin zu Computerfachwissen ist alles dabei.
Immer wieder nicken die anderen Gründerinnen zustimmend. Auch mehr als 8.000 Kilometer von Berlin entfernt sind die Probleme ähnlich. „Als ich nach Hilfe suchte, stieß ich immer wieder auf Zweifel“, sagt Ling Zhihan, Gründerin der Start-up-Plattform Beijing Techbase. Zypries nickt und macht sich Notizen. Auch in Deutschland finden Frauen häufig zu wenig Unterstützung.

Frauen spielen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aber eine besondere Rolle. Chinas Kommunisten erklärten die Emanzipation zur Staatsdoktrin. Revolutionsführer Mao Tsetung versprach den Frauen des Landes „die Hälfte des Himmels“. Auf einen Schlag sollten Männer und Frauen nach Gründung der Volksrepublik China 1949 gleich behandelt werden. Staatliche Betreuungseinrichtungen sollten sich vom Kleinkindalter an um den Nachwuchs kümmern, damit auch junge Mütter als Arbeitskräfte zur Verfügung standen.

Das Verständnis wirkt bis heute nach: Arbeitende Frauen sind die Regel und nicht die Ausnahme. In China leben so viele Milliardärinnen, die ihr Vermögen selbst aufgebaut haben, wie im Rest der Welt zusammen, wie aus der Reichen-Liste, dem „Hurun-Report“, hervorgeht.
Doch der Erfolg der Frauen in der chinesischen Wirtschaft gilt nicht für die Politik. In der alles dominierenden Kommunistischen Partei Chinas sind alle sieben Posten im höchsten Führungszirkel, dem Ständigen Ausschuss des Politbüros, mit Männern besetzt. Noch nie in der Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas wurde eine Frau in den Führungszirkel aufgenommen. Nur 33 von 350 Mitgliedern des Zentralkomitees der Partei sind Frauen.
Am Ende des einstündigen Gespräches bietet Zypries den Gründerinnen Unterstützung für Geschäftskontakte in Deutschland an. „Schreiben Sie eine E-Mail. Dann helfen wir Ihnen“, kündigt die Ministerin an. Für Geschäftskontakte gebe es diverse Verbände in Deutschland. Sie werde die entsprechenden Twitter-Kontakte verteilen, sagt sie. Dabei vergisst sie jedoch, das Twitter von der Großen Firewall in der Volksrepublik gesperrt ist.
Plattformen für den Austausch von Gründerinnen seien ein hervorragender Ansatz, lobt Zypries. Der sei besonders für Frauen in der Wirtschaft wichtig und weniger für Männer. „Die können das schon“, sagt die Ministerin mit einem Lächeln.

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