Die CSU und die Maut Deppert

Die eierlegende Wollmilchsau einer EU-rechtskonformen Pkw-Maut, die Ausländer belasten soll, aber Inländer verschont, war bloß ein schlechter ein Witz. Quelle: dpa

Das bayrische Prestigeprojekt Pkw-Maut ist gescheitert. Und mit ihr das ganze Ego-Shooter-Politikmodell der CSU. Zeit für eine kleine (wirtschaftspolitische) Polemik.

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Zugegeben, die Bayern haben allen Grund, stolz auf sich zu sein. Wirtschaftlich stark, Heimat von allein acht Dax-Konzernen und ungezählten potenten Mittelständlern, mit Universitäten von Weltruf, exzellenten Schulen – und landschaftlich gesegnet ist der Freistaat ja auch noch. Also: Laptop und Lederhose, BMW und Weißbier, Bayern München und Königssee, alles schön und gut und so weiß-blau strahlend wie der Himmel über Neuschwanstein.

Würde, ja würde sich dieser Regionalstolz nicht so gern und häufig in Berlin in einer derart ungesunden Geltungssucht Bahn brechen, in politischem Ego-Shooting. Kein Wunder, dass jeder ehemalige CSU-Landesgruppenchef noch Jahrzehnte später vom schönsten Amt neben dem Papst schwärmt. Überall dabei, immer ein Veto-Recht, aber keine Verantwortung für Sachpolitik – himmlisch.

Man hat sich irgendwie daran gewöhnt, dass die CSU als Regionalpartei und Teil der Union der Bundespolitik ihren Willen aufzwingen kann. Und sei er noch so unsinnig. Denn leider gilt: Sobald Vertreter der CSU die bayrische Landesgrenze nach Norden verlassen, um sich dem preußischen Berlin zu nähern, lassen sie offenbar ihre wirtschaftspolitische Kompetenz dahoam im Bauernschrank.

Seit heute wissen nun alle, dass die eierlegende Wollmilchsau einer EU-rechtskonformen Pkw-Maut, die Ausländer belasten soll, aber Inländer verschont, genau das war: ein Witz, ein Märchen. Dass der Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt einen Großteil seiner Schaffenskraft dieser Pseudo-Maut gewidmet hat, statt – sagen wir – einer ökologischen Mobilitätswende: Ja, mei. „Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht“ (so der berühmte Satz von Horst Seehofer)? Doch, tut er.

Dem bayrischen Profilierungsehrgeiz auf Kosten aller verdanken die Bundesbürger auch Großtaten wie die Mütterrente. Seitdem werden der Rentenkasse Jahr für Jahr Milliardenbeiträge entzogen, um eine Generation zu versorgen, die es in aller Regel nicht nötig hat, noch 30 oder 60 Euro mehr Rente im Monat zu bekommen. Unter dieser dreisten Klientelversorgung leiden am Ende genau diejenigen, die ein stabiles Rentenniveau gut gebrauchen könnten. Das also verstehen Christsoziale unter Sozialpolitik. Weitere CSU-Kommentare zur „Gießkannen“-Grundrente der Sozis? Lasst stecken, bitte.

Und so ziehen sich die bayrischen Sonderwege und -voten durch die Hauptstadt: Die Grundsteuerreform? Nur mit Öffnungsklausel auf Drängen der Staatskanzlei. Leitungen für die Energiewende? Entweder gar nicht – oder nur unter der Erde verbuddelt, also schön teuer.

Zu schlechter Letzt: die Mövenpick-Steuer. Wie es die CSU 2009 geschafft hat, die Verantwortung für die Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers, die vor allem im Bayrischen Wald an der tschechischen Grenze höchst populär war, allein der FDP zuzuschieben – vor dieser polittaktischen Meisterleistung muss man schon fast wieder den nicht vorhandenen Trachtenhut ziehen.

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