Die Jamaika-Blockade Diese Entscheidungen liegen jetzt auf Eis

Deutschland hat weiter nur eine geschäftsführende Regierung. Das Jamaika-Aus bedeutet in vielen Politikbereichen Stillstand, Verzögerung, Unsicherheit. Fünf Beispiele für Themen, die nach einer neuen Regierung verlangen.

Peter Altmaier, kommissarischer Bundesfinanzminister Quelle: dpa
1. Der Haushalt arbeitet mit HandbremseProblematisch ist eine derartige vorläufige Haushaltsführung allerdings für die Bereiche und Ressorts, die eigentlich dringend mehr Mittel erhalten sollten. Dazu zählen derzeit Verteidigung, Bildung und Forschung, der Breitbandausbau, die innere Sicherheit und Verkehrsinvestitionen des Bundes. Geld, dass entweder für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit oder für mehr Sicherheit ausgegeben werden sollte, ist somit blockiert – womöglich bis weit ins Jahr 2018. Quelle: AP
2. Der EU-Reformmotor stocktDie Suche nach einer neuen Koalition in Berlin beeinträchtigt auch den EU-Politikbetrieb. „Ohne neue deutsche Regierung kann keine wichtige Entscheidung in Brüssel fallen“, sagt der EU-Botschafter eines großen Landes. Vor allem die Debatte über die Reform der Eurozone kann nicht wirklich anlaufen, so lange die geschäftsführende Bundeskanzlerin nicht weiß, unter welchen Umständen sie in den kommenden vier Jahren regieren wird. Bis zum Juni 2018 wollten die Staats- und Regierungschefs eigentlich entscheiden, ob sie den europäischen Rettungsschirm ESM in einen Europäischen Währungsfonds umwandeln wollen. Auch die Einführung eines  Euro-Finanzministers und eines eigenen Budgets für die Eurozone – beides fordert vehement der französische Präsident Emmanuel Macron – sollten bis dahin geklärt sein. Aus diesem Zeitplan wird wohl nichts.  „Es ist nicht lustig, wenn Deutschland als aktiver Faktor in der europäischen Politik über Monate ausfällt“, sagt der erfahrene CDU-Europa-Abgeordnete Elmar Brok. Quelle: dpa
3. Brexit-Deals werden unwahrscheinlicherEin ganz ähnliches Bild auch beim Brexit: In den laufenden Verhandlungen fällt Merkel in den kommenden Monaten als Schrittmacherin aus. Natürlich sind hier zunächst die Briten am Zug. Denn nur, wenn sie ausreichend auf die Forderungen der restlichen EU-Staaten eingehen, kann beim EU-Gipfel im Dezember die Entscheidung fallen, die zweite Phase der Verhandlungen zu eröffnen und endlich über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU zu sprechen. Quelle: dpa
3. Brexit-Deals werden unwahrscheinlicherAls Kanzlerin des größten Mitgliedsstaates, dessen Wirtschaft vom Brexit stark betroffen wäre, fällt Merkel bei den Verhandlungen aber eine besondere Rolle zu. Und auch wenn der Franzose Michel Barnier offiziell für die 27 EU-Staaten verhandelt, so wissen alle, dass es an heiklen Punkten nützlich sein wird, wenn Merkel mit der britischen Ministerpräsidentin Theresa May telefoniert. Mit dem Zusatz „geschäftsführend“ hat Merkel bei solchen Interventionen weder die gewohnte Autorität noch den Spielraum. Quelle: REUTERS
4. Deutschen Autobauern fehlt es an Unterstützung in BrüsselUnd nochmal Europa. Ohne Regierung in Berlin kann sich Deutschland auch bei einem für die Automobilindustrie extrem wichtigen Sachthema nicht positionieren: Den CO2-Limits nach 2021. Die EU-Kommission hat dazu Anfang November einen Vorschlag vorgelegt, der nun in die Gesetzgebung im Europäischen Parlament und zu den Fachministern der EU geht. Frankreich hält die Vorgaben der EU-Kommission nicht für streng genug und besetzt damit schon einmal eine eindeutige Verhandlungsposition. Wenn Deutschland mit Verspätung antritt, wird das ein strategischer Nachteil sein. Quelle: dpa
4. Deutschen Autobauern fehlt es an Unterstützung in BrüsselÜblicherweise kann sich die deutsche Automobilindustrie auf Schützenhilfe jeder Bundesregierung in Brüssel verlassen. kein Wunder, dass Matthias Wissmann, der Präsident des Automobilverbandes VDA bereits appelliert: „Deutschland braucht eine stabile Regierung, die die marktwirtschaftlichen Kräfte stärkt und die Balance hält zwischen einer engagierten Industrie- und Wirtschaftspolitik einerseits und einer verantwortungsvollen Umwelt- und Sozialpolitik andererseits.“  Würgt uns nicht den Industriestandort ab, soll das übersetzt heißen. Quelle: dpa
5. Energiewende-Reformen werden vertagtKohleausstieg ja oder nein? Und wenn ja: Wie, bis wann? Über kaum eine andere Frage haben die Jamaika-Sondierer härter gerungen. Die Energiewirtschaft, so abhängig von Regulierung wie kaum eine zweite, muss nun notgedrungen warten. Politische Leitplanken für unternehmerische Entscheidungen und Investitionen wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Was also mit alten Kohle- und neuen Gaskraftwerken passieren soll , wie der Netzausbau forciert werden oder  mehr Markt das Subventionsregime der Erneuerbaren ablösen könnte – alles offene Fragen, auf die in Berlin so schnell keine Regierung Antworten liefern wird. Für ein Industrieland wie die Bundesrepublik keine guten Aussichten. Quelle: dpa
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