Die SPD und die K-Frage „Ich weiß, wer es wird, aber ich sage es Ihnen nicht“

Nach Darstellung der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sind die Würfel in der K-Frage bei der SPD schon gefallen. SPD-Generalsekretärin Barley wünscht sich eine Urwahl. SPD-Ministerin Nahles findet das "Quatsch".

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Die Ministerpräsidentin und Landesvorsitzende der SPD Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft. Quelle: dpa

Führt die SPD die Republik an der Nase herum? Montagabend in Düsseldorf. Die „Rheinische Post“ hat zum traditionellen „Ständehaus-Treff“ geladen. In der Landeshauptstadt ist das ein großes Event. Natürlich schaut die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vorbei. In sechs Monaten wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. Die offene K-Frage der Bundespartei passt ihr gar nicht in den Kram. Sie will Klarheit. Und die gibt es längst, wenn man Kraft glauben schenken mag: „Ich weiß, wer es wird, aber ich sage es Ihnen nicht.“ Hat Parteichef Sigmar Gabriel sich also längst durchgerungen, als Kanzlerkandidat Merkel im nächsten Herbst herauszufordern? Oder will Kraft Druck machen?

Auf jeden Fall unterläuft der Satz von Kraft die Strategie der SPD, in der K-Frage dieses Mal nichts zu überstürzen. Vor einer Woche hatte Gabriel seine Genossen in der Bundestagsfraktion aufgerufen: „Bleibt so cool, wie wir es in den letzten Wochen gewesen sind. Dann werden wir 2017 nicht nur den Bundespräsidenten stellen, sondern auch den Bundeskanzler.“ Aber wie cool ist Gabriel selbst? Vor ein paar Tagen brachte er beim Parteitag der Duisburger SPD in der K-Frage plötzlich Olaf Scholz als Kandidaten ins Spiel.

Der wird zwar seit Monaten immer wieder mal genannt. Doch in den Zweikampf zwischen Gabriel und Martin Schulz will der kühl kalkulierende Hamburger, der seine große Zeit in der Bundespolitik erst ab 2021 wähnt, nicht eingreifen. Scholz ist dementsprechend sauer. Einen Mitgliederentscheid in der K-Frage wird es auch nicht geben. Zwar liebäugeln einzelne Landesverbände und die Jusos damit, weil die Konservativen damit in Frankreich gerade Millionen Bürger mobilisierten. Gabriels Antipodin Andrea Nahles kam nun Scholz zu Hilfe und sah sich genötigt, das Gerede von einer Urwahl zu stoppen: „Das ist Quatsch.“

Gabriels Vorstoß war ohnehin nur eine Nebelkerze. Das wirkliche Endspiel um die Kanzlerkandidatur findet zwischen ihm und Schulz statt. Zwar spricht sehr viel dafür, dass Gabriel es wirklich macht. Doch der Vorsitzende habe auch Momente, in denen er wieder zaudere, berichten informierte Genossen. Fast täglich erreichen die SPD Umfragen, in denen Schulz um Längen vor Gabriel liegt. Für den Vizekanzler geht es um alles.

Schulz - dessen angekündigter Wechsel von Brüssel in die Bundespolitik weite Teile der SPD elektrisiert hat und die Chance für einen personellen Aufbruch bietet - würde auch den Parteivorsitz beanspruchen, wenn er Kanzlerkandidat wird. Allen in der SPD-Führung ist klar, dass der Wahlkampf 2017 in einer Hand vereint sein muss. Für das Auswärtige Amt müsste dann wohl jemand anders als Schulz gefunden werden. 2009 zeigte sich, dass Frank-Walter Steinmeier aus dem AA heraus keine Schlagkraft entwickeln konnte.

Am einfachsten wird sich das Personalpuzzle auflösen, wenn Gabriel selbst zugreift. Dann würde Schulz „nur“ Außenminister. Noch nicht völlig ausgeschlossen ist, dass ein Kanzlerkandidat Gabriel das Kabinett verlassen würde, um mehr Beinfreiheit für Attacken auf die Kanzlerin zu bekommen.

Wie sehr das freundschaftliche Verhältnis zwischen Gabriel und Schulz durch die neue Rivalität gelitten hat, darüber gibt es widersprüchliche Informationen. Am Montagabend - just als Hannelore Kraft in Düsseldorf den Mund spitzte, aber nicht pfiff - twitterte Gabriel ein Foto aus Wien. Darauf ist der Vizekanzler in trauter Runde mit Schulz und Österreichs Ex-Kanzler Werner Faymann zu sehen. Vor Weihnachten soll nun nichts nach draußen dringen. Erst im Januar will Gabriel seinen Personalvorschlag abschließend mit den Parteispitzen erörtern. Ob das wirklich hält?

Partei-Konkurrenz: Theater der SPD bei K-Frage fördert Populismus

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet wirft der SPD vor, bei der Suche nach einem Kanzlerkandidaten die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. „Wie fördert man Verdrossenheit und Populismus? Frau Kraft, weiß genau, wer SPD-Kanzlerkandidat wird und bis Februar wird Theater gespielt“, schrieb Laschet im Kurznachrichtendienst Twitter. Er spielte damit auf eine Aussage Krafts an.

Ins gleiche Horn stieß FDP-Chef Christian Lindner: „Entweder ist die Aussage von Frau Kraft nur Wichtigtuerei oder die SPD führt die deutsche Öffentlichkeit an der Nase herum.“ Lindner forderte SPD-Chef Sigmar Gabriel auf, die Karten auf den Tisch zu legen: „Jetzt sollte rasch Klarheit geschaffen werden. Es ist keine Zeit für Spielereien.“

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