Die Zahlenfrau
Das Deutschland der Zukunft ist... Quelle: Getty Images

Zukunftsrepublik: Wie Deutschland im Jahr 2030 aussehen sollte

„Zu wenig Impfstoff und zu viele Faxe: In der Pandemie zeigen sich die Folgen der jahrelangen Sparwut. Die schwarze Null wird zum Symbol eines katastrophalen Corona-Versagens.“ Harte Worte von Sascha Lobo. Hat er recht?

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Der Frust über die Lockdown-Maßnahmen und den Stand bei den Impfungen hierzulande wird immer größer, während in anderen Demokratien dieser Welt, wie Singapur oder Taiwan, das Leben seinen gewohnten Gang geht. Und wir stehen still. „Wir müssen endlich raus aus dieser Stillstandsrepublik“, sagt Marie-Christine Ostermann, Familienunternehmerin und stellvertretende Vorsitzende der Jugendbildungsplattform StartupTeens, zum Launch des Buches „Zukunftsrepublik“. Und ja, auch ich bin der Meinung, dass wir aus unserem Stillstand aufwachen müssen.

Als wir im März 2020 in den ersten Lockdown gingen, war mir bewusst, dass wir in vielen Bereichen nicht auf dem neuesten (digitalen) Stand waren. Das Thema Bildung habe ich beispielsweise schon öfter thematisiert. Wie schlimm es aber wirklich um die Digitalisierung mancher Branchen stand, das war sogar mir nicht vollumfänglich klar.

Das Erschreckende: Als der Lockdown gelockert wurde, ging das Leben praktisch weiter wie vorher. Und an den Problemzonen hat keiner wirklich gearbeitet. Wir sind gefühlt in alte Muster zurückverfallen. Haben wir wirklich nichts dazugelernt? Oder waren wir einfach zu bequem?

Dabei gibt es sie doch – die VorreiterInnen und Visionäre, die unser Land voranbringen wollen. Für mich steht und fällt unsere Zukunft als (noch) führende Wirtschaftsnation mit dem Leadership in unseren Unternehmen und dem Tech-Know-how, dass diese Führungskräfte in ihre Unternehmen einfließen lassen.

Meine Gedanken dazu habe ich im Buch „Zukunftsrepublik“ aufschreiben dürfen, gemeinsam mit 79 anderen – völlig unterschiedlichen - Visionären und VordenkerInnen aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft. So vielfältig die Thesen, so einig sind wir uns in dem Ziel: Neue Diskussionen anzustoßen für den nötigen Mindset-Change in Deutschland. Zum Abschluss jedes Beitrags haben wir daher alle unsere konkreten Forderungen an die Zukunft formuliert. Forderungen, die aufzeigen, was passieren muss, damit wir auch im Jahr 2030 in Freiheit, Gesundheit und Wohlstand leben werden. Forderungen, mit deren Umsetzung wir heute anfangen müssen, um auch künftig „führend“ sein zu können.

Wir sind keine digitalen Vorreiter – und das fällt uns auf die Füße

„Digital? Datenschutz!“ Daraus könnten wir in Deutschland ein Gedicht oder sogar einen Roman schreiben. Und als Land der Dichter und Denker ist uns die Poesie tatsächlich sehr vertraut. Allerdings bringt uns das auf der digitalen Weltbühne nicht wirklich weiter. Und diese Weltbühne ist digital.

Bereits im Jahr 2020 erforderten rund 82 Prozent der ausgeschriebenen Stellen digitale Fähigkeiten. Rund 65 Prozent der Kinder, die jetzt in der Grundschule sind, werden Arbeitsplätze annehmen, die noch nicht existierten. Und hier hängen wir hinterher.

Die Zukunft unserer Unternehmen und ihr Erfolg steht und fällt meiner Meinung nach mit dem Digital Know-how ihrer Mitarbeiter. Die sich kontinuierlich weiterentwickelnden Technologien brauchen daher Mitarbeiter, die über Selbstorganisations- und Problemlösungsfähigkeiten verfügen und in der Lage sind, sich schnell anzupassen und beispielsweise auch aus der Ferne zusammenzuarbeiten. Genau darum geht es in meinem Kapitel in der „Zukunftsrepublik“.

Im Jahr 2030 werden erfolgreiche Unternehmen Mitarbeiter mit Tech Know-how in den entscheidenden Managementrollen sitzen haben. Denn während Führungskräfte der Vergangenheit oft damit beauftragt waren, vorgegebene Strategien auszuführen, Effizienz zu steigern und bereits bestehende Prozesse zu optimieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben heutiger Führungskräfte, etwas völlig Neues zu schaffen.

Nur durch tiefgreifendes Techverständnis sind genau diese Führungskräfte – und dadurch auch ihr Unternehmen – in der Lage, Daten aufzubauen, diese richtig miteinander in Verbindung zu bringen und so ihre Kunden besser zu verstehen. Wer seine Kunden versteht, baut bessere, kundenorientierte Produkte und bleibt so wettbewerbsfähig. Und das langfristig.

Deutschland - Investiere in Dich und Deine Menschen!

Wir müssen in uns investieren, schreibt Christian Miele, Präsident des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V., in seinem Kapitel in der „Zukunftsrepublik“ mit dem oben genannten Titel. Denn Unternehmertum steht an einem Scheideweg. Unternehmer und Unternehmerinnen müssen in Zukunft nicht mehr nur darüber nachdenken, Profite zu maximieren, sondern vor allem, welchem gesellschaftlichen Nutzen ihre Unternehmung dient und was sie über das Erwirtschaften von Profiten hinaus für unsere Gesellschaft tun.

Und damit greift er den „Vorwurf“ Sascha Lobos auf. Denn unser Stillstand hängt in der Tat mit unserem Sparwahn zusammen. Und glauben Sie mir, ich als Finanzfrau habe eine gute Einschätzung darüber, wie sparwahnsinnig wir Deutschen im Durchschnitt sind.

Auf Wirtschaftsebene spielen nach Ansicht Mieles Start-ups in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Für eine neue Gründerzeit in Deutschland brauchen wir allerdings bessere Bedingungen für Investoren – vor allem institutionelle. Der Mangel an Wagniskapital war ein Grund, warum jedes vierte Startup ins Ausland ging – zuhause fehlte das Geld und die Mitarbeiterbeteiligung war zu kompliziert.

Wir spielen schon lange auf einem globalen Spielplatz, was dazu führt, dass Gelder, die unsere heimischen Startups in ihrer Wachstumsphase einsammeln, oft aus dem Ausland kommen und die Renditen das Land wieder verlassen. Lasst uns in unsere Unternehmen investieren.

Als Schule nicht mehr Scheiße war…fürs Leben lernen, aber cool

Bildung - ich habe es angedeutet - ist einer der Bereiche in unserem Land, in den wir wirklich investieren müssen. Aber nicht nur finanziell, sondern wir müssen lernen neu zu denken. Alexander Giesecke und Nicolai Schork, Gründer der Lernplattform Simpleclub, nehmen sich in ihrem Kapitel genau dieser Thematik an. Für die beiden Unternehmer ist eines klar: Bildung von morgen wird – ob wir das nun wollen oder nicht – eine andere sein. Schulen und auch Universitäten, wie wir sie heute kennen, erfüllen nicht mehr ausreichend den Bildungsauftrag, den wir für die Zukunft brauchen. Den Grundstein müssen wir heute legen und Bildung anders denken.



Gieseke und Schork betrachten Bildung in der „Zukunftsrepublik“ aus drei Perspektiven – aus Sicht der Bildungsinstitutionen, der LehrerInnen und der SchülerInnen. Die Institution erfüllt dabei primär den Zweck der Zusammenkunft, den sozialen Aspekt der Bildung. SchülerInnen kommen zusammen, arbeiten gemeinsam an Projekten und dabei stehen ihnen Lehrer als Mentoren und Coaches zur Seite. Die Inhalte lernen SchülerInnen zu Hause mit Hilfe von Apps und anderen digitalen Lösungen, wie beispielsweise Lernvideos. Die beiden Gründer zeigen bereits heute, wie das funktioniert, denn sie unterstützen StartupTeens ehrenamtlich als Gesellschafter und ganz praktisch mit der Produktion von altersgerechten Lernvideos rund um Coding und Entrepreneurship. Und lernen hört nach der Schule auch nicht auf, sondern begleitet uns unser Leben lang. Nur dass Schulen und Universitäten von Unternehmen abgelöst werden.

Digitale Süßigkeiten und machtvolle Akteure

Ein neugierig machender Titel, den Thomas Jarzombek für sein Kapitel gewählt hat. Jarzombek ist Politiker und IT-Berater, seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages und seit Juli 2019 Beauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums für die Digitale Wirtschaft und Start-ups. In seiner „Zukunftsrepublik“ geht es um den Wandel in der Politik und der Medienwelt - und wie die beiden ineinander verwoben sind.

Er schreibt: Politik und Presse – eine symbiotische Beziehung. Presse berichtet, ordnet ein, prägt Meinungen. Allerdings ist Berichterstattung emotionaler geworden, und undurchsichtiger, denn heute sind es nicht mehr nur Journalisten, denen Berichterstattung obliegt. Blogger und Influencer reden mit und auf Social-Media-Kanälen kann im Grunde jeder mitreden, mitprägen, Hetze betreiben. Und auch die Politik verändert sich. Es entstehen neue machtvolle Akteure, die ebenfalls mittels Social Media Einfluss nehmen.

Was bedeutet das für die Politik der Zukunft? Sie muss digitaler werden und auf den Kanälen mitspielen, auf denen die Wähler sind. Sie müssen verstehen, dass Menschen Menschen folgen und dies für ihre Kommunikation nutzen.

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Das ist nur ein ganz kleiner Auszug aus dem Buch, das ich gemeinsam mit Daniel Krauss, Celine Flores Willers, Marie-Christine Ostermann, Hauke Schwiezer und Andreas Rickert im Campus-Verlag herausgebracht habe. Insgesamt 80 Visionäre geben konkrete Impulse, was wir für das Jahr 2030 in Deutschland brauchen. Vieles dreht sich um Digitalisierung. Alles dreht sich um uns. Als BundesbürgerInnen. Und unsere Verantwortung gegenüber unserem Land.

Übrigens: Alle Einnahmen des Buchs „Zukunftsrepublik“ – schon jetzt auf den deutschen Bestsellerlisten - gehen an die Non-Profit Initiative StartupTeens und fließen damit zu 100% in die Befähigung der HoffnungsträgerInnen von morgen.

Mehr zum Thema: Die Schuldenbremse gerät politisch stärker unter Druck. In einer Umfrage stellen sich nun Ökonomen klar hinter den Schuldendeckel.

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