Diesel-Debatte ADAC will Autokonzerne zu Nachrüstungen zwingen

Angesichts drohender Fahrtverbote sieht der ADAC die Politik am Zug. Verkehrsminister Scheuer soll den Autokonzernen bei Diesel-Nachrüstungen Druck machen.

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Die Autobauer bieten kostenlose Updates der Abgas-Software an, Hardware-Umrüstungen lehnen sie aus Kostengründen ab. Quelle: obs

Berlin Der Vizepräsident des ADAC, Ulrich Klaus Becker, unterstützt den neuen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit seiner Forderung, der Autoindustrie die Kosten für die Hardware-Nachrüstungen von Euro 5-Diesel-Fahrzeugen notfalls per Gesetz aufzubürden. Dies sein ein „starkes Signal“ des Ministers an die Verbraucher, sagte Becker dem Handelsblatt.

Dies gelte ebenso für Scheuers „klare Aussage“, dass die Kosten einer Umrüstung nicht beim Verbraucher hängen bleiben dürften. „Umso mehr besteht jetzt die Notwendigkeit, dies mittels eines entsprechenden Rechtsrahmens für die Nachrüstung abzusichern“, sagte Becker.

Zur Verkehrspolitik und zum Ausbau der digitalen Infrastruktur gibt Scheuer am Donnerstag eine Regierungserklärung ab, an die sich eine Aussprache anschließt.

Dem ADAC sei es wichtig, dass individuelle Mobilität auch weiterhin ohne Einschränkungen möglich sei und bezahlbar bleibe, sagte Becker weiter. „Gleichzeitig muss saubere Luft und damit die Gesundheit der Menschen höchste Priorität für die neue Bundesregierung haben“, betonte der ADAC-Vize. „Hier sind in den kommenden Monaten wichtige politische Entscheidungen zu treffen, um die Grenzwerte in Städten einzuhalten und Fahrverbote zu vermeiden.“

Verkehrsminister Scheuer hatte in der „Passauer Neuen Presse“ zu möglichen Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen durch die Autohersteller gesagt: „Wenn das Bemühen zur Problemlösung nicht erkennbar ist, wird es ohne gesetzliche Regelung nicht gehen.“ Er setze auf die Vernunft der Konzerne und werde sehr schnell Gesprächsrunden organisieren. „Samthandschuhe gehören angesichts der Dimension der Probleme jetzt nicht in den Instrumentenkasten.“ Der Minister betonte: „Die Kosten für die Umrüstung und die Beseitigung der Manipulationen dürfen am Ende nicht beim Verbraucher und beim Steuerzahler hängen bleiben.“

Auch der neue Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte die Hersteller aufgefordert dafür zu sorgen, dass auch manipulierte Diesel-Fahrzeuge die Abgasgrenzwerte einhalten. „Natürlich müssen die betroffenen Autohersteller jene Fahrzeuge mit einer illegalen Abschalteinrichtung so lange nachrüsten, bis sie den gesetzlichen Zulassungsanforderungen entsprechen“, sagte Braun kürzlich der „Rheinischen Post“. „Wir schonen die Unternehmensführungen in der Industrie nicht“, fügte er hinzu.

Die klaren Ansagen kommen nicht von ungefähr. Denn mehr als drei Viertel der Diesel-Besitzer in Deutschland lehnen es ab, Nachrüstungen an der Abgas-Hardware ihrer Autos selbst zu bezahlen. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sagten 76 Prozent der Dieselfahrer, sie wären nicht bereit, die Kosten für Umbauten an Motorsteuerung oder Katalysator aus eigener Tasche zu finanzieren.

Wiederum 53 Prozent davon würden einen Gang vor Gericht erwägen, um den Autobauer auf Rücknahme des Dieselwagens gegen Rückerstattung des Kaufpreises zu verklagen – sollte ein Fahrverbot konkret verhängt werden und der Hersteller die Nachrüstkosten nicht übernehmen wollen.

Die Autokonzerne beteiligen sich bisher an einem beim „Dieselgipfel“ beschlossenen Fonds und bieten kostenlose Updates der Abgas-Software an. Hardware-Umrüstungen schließen sie mit Verweis auf die hohen Kosten und die schwierige Umsetzung jedoch aus. Das stößt angesichts der Milliardengewinne bei VW und Co. auch auf Unverständnis.

Hinzu kommt, dass Ende Februar das Bundesverwaltungsgericht geurteilt hatte, dass kommunale Behörden im Prinzip Diesel-Fahrverbote anordnen dürfen, wenn die Schadstoffbelastung der Stadtluft sich anders nicht wirksam senken lässt und die Verhältnismäßigkeit – etwa durch Ausnahmen für Dienstfahrzeuge oder Handwerker – gewährleistet ist.

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