Diesel-Debatte Wirtschaftsministerium rechnet mit Fahrverboten

Das Wirtschaftsministerium ist überzeugt, dass eine blaue Plakette und damit auch Fahrverbote kommen werden. Die Plakette hätte nach dem Dieselgipfel nun viele Vorteile. Es könnte weitere Autobauer zum Handeln bewegen.

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Der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums hält Fahrverbote für möglich. Quelle: dpa

Berlin Auch nach dem Dieselgipfel verstummt die Debatte über Fahrverbote für Autos mit hohem Abgasausstoß nicht. Das Bundeswirtschaftsministerium machte am Freitag deutlich, dass eine Unterscheidung mittels einer sogenannten blauen Plakette in Fahrzeuge mit freier Fahrt und in solche mit Beschränkungen kommen könnte. „Ich glaube, dass man am Ende an solchen Maßnahmen gar nicht vorbeikommen wird“, sagte Staatssekretär Matthias Machnig (SPD) im Deutschlandfunk. Das Umweltministerium hatte eine solche Plakette ins Gespräch gebracht, war damit aber beim CSU-geführten Verkehrsministerium auf Widerstand gestoßen. Ziel des Dieselgipfels mit Politik und Industrie war es, unter anderem durch Nachrüstungen von Dieseln die drohenden Fahrverbote wegen überhöhter Stickoxid(NOx)-Werte in vielen Kommunen zu verhindern.

Umweltgruppen hatten den Gipfel als völlig gescheitert kritisiert und Fahrverbote nun sicher genannt. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte die versprochenen Software-Updates für relativ neue Fahrzeuge der Abgasnormen Euro-5 und Euro-6 nur einen ersten Schritt genannt und weitere Nachrüstungen gefordert. Dem schloss sich Machnig an und kritisierte das Nein der Autoindustrie gegenüber diesen effektiveren aber technisch anspruchsvolleren und teureren Möglichkeiten.

Auch die große Mehrheit der Deutschen hält einer Umfrage zufolge die Software-Updates für unzureichend. In der Befragung für die Zeitung „Die Welt“ äußerten 82 Prozent der Befragten, die Ausstattung von gut fünf Millionen Fahrzeugen mit neuer Software reiche nicht aus. Über die Hälfte, nämlich 53,3 Prozent, halten diesen Weg sogar „auf keinen Fall“ für genügend. Machnig verlangte, die Hersteller müssten jetzt handeln und nichts ausschließen. Erst einmal gehe es jetzt aber darum, die beschlossenen Maßnahmen möglichst rasch umzusetzen. Er wolle keine flächendeckenden Fahrverbote.

Mit einer blauen Plakette könnten nach bundesweit einheitlichen Vorgaben Autos gekennzeichnet werden, die bestimmte Abgas-Standards einhalten und die nicht von Einfahrverboten in Städte betroffen sein würden. Andere hingegen müssten draußen bleiben. Eine solche gesetzliche Regelung könnte erst eine neue Regierung nach der Wahl beschließen.

Für die deutsche Autoindustrie hätte dies sogar Vorteile: So könnten die Autos mit der neuen Software diese Plakette erhalten. Damit hätten Halter eine Interesse daran, diese installieren zu lassen. Denn gezwungen sind sie derzeit nicht dazu, auch wenn sie keine Kosten tragen.

Zum anderen würde das die ausländischen Konkurrenten unter Druck setzen, die beim Dieselgipfel Zusagen zu Software-Updates verweigerten. Ihre Autos stellen derzeit gut ein Viertel der Diesel auf deutschen Straßen. Ihre Autos könnten also auch keine Plakette bekommen. Drittens gebe es einen weiteren Anreiz für Fahrer sehr alter Diesel, sich ein Neufahrzeug zu kaufen, da diese nicht mehr nachgerüstet werden können.

Die Hersteller wollen mit Abwrackprämien die verunsicherten Diesel-Besitzer locken: Zunächst hatte Ford eine solche Prämie bei einem Neukauf angekündigt, BMW und auch Toyota folgten. Am Freitag stellte auch Volkswagen eine solche Verkaufsförderung in Aussicht, allerdings ohne Details zu nennen. Die „Umstiegsprämie“ für Autos der Schadstoffklasse Euro-4 und älter werde aktuell von den Marken VW, Audi, Skoda, Porsche und VW-Nutzfahrzeuge erarbeitet und solle zeitnah angeboten werden.

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