Pendler kommen nicht zur Arbeit, Handwerker nicht zu ihren Kunden. Notdienstfahrzeuge von Apotheken fahren nicht mehr, Müll bleibt liegen. Es wäre ein drastisches Szenario, sollte es wegen zu dreckiger Luft in Städten zu großflächigen Fahrverboten für ältere Diesel kommen. Politik und Autobranche wollen das unbedingt vermeiden. Bei einem Spitzentreffen von Bund, Ländern und Kommunen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag fiel der Startschuss für konkrete Projekte. Es muss schnell gehen mit der schwierigen Operation saubere Stadtluft.
Um was ging es bei dem Treffen im Kanzleramt?
Anfang August hatten Bund und Autoindustrie bei einem Dieselgipfel beschlossen, einen Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ aufzulegen. Geplantes Volumen: zunächst 500 Millionen Euro. Bei einem Treffen mit Oberbürgermeistern erhöhte Merkel Anfang September auf bis zu eine Milliarde Euro. Konkretes blieb aber in der Schwebe, und die Ungeduld bei den Kommunen wuchs. Bisher ist kein Cent geflossen.
Das soll sich nun ändern. Ab Mittwoch sollen Kommunen Förderanträge stellen können - das ist ein Ergebnis des Spitzentreffens im Kanzleramt. Verabschiedet wurde ein „Eckpunktepapier“ mit einer Vielzahl geplanter Maßnahmen. Ziel ist es, dass in allen Kommunen, in denen Grenzwerte überschritten werden, diese möglichst schnell eingehalten werden. Merkel sagte über das Jahr hinaus zudem weitere Finanzhilfen zu.
Allerdings fließt nicht das ganze Geld aus dem Milliarden-Topf sofort. Mittel für Digitalisierung, etwa für bessere Verkehrsleitsysteme, stehen erst ab Sommer 2018 zur Verfügung.
Warum drohen überhaupt Fahrverbote?
Zum Schutz der Gesundheit müssen Städte Luftreinhaltepläne erstellen. Damit soll der Grenzwert beim Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide eingehalten werden, der im Jahresmittel bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt. Diesel-Autos verursachen einen großen Anteil an den Emissionen. Im vergangenen Jahr wurde die Schwelle in rund 90 Städten überschritten, am deutlichsten in Stuttgart.
Damit die Luft besser wird, könnten Gerichte Fahrverbote erzwingen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart sah das zum Beispiel so. Im Februar 2018 werden zudem wegweisende Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts erwartet. Es geht um Urteile von Verwaltungsgerichten, die Fahrverbote zum Teil als wirksamste Option für bessere Luft ansehen. Das Bundesverwaltungsgericht könnte die Urteile bestätigen, damit könnte der Weg frei sein für Fahrverbote.
Wer zahlt in den Diesel-Fonds ein?
Der Bund will 750 Millionen Euro zahlen, die Autoindustrie soll sich mit 250 Millionen Euro beteiligen. Bisher haben der VW-Konzern, Mercedes und BMW Geld zugesagt, je nach Diesel-Marktanteil. Weil aber ausländische Hersteller bisher nicht mitmachen, gibt es eine Finanzierungslücke. Merkel pochte darauf, dass die Autoindustrie den vollen Betrag von 250 Millionen Euro einzahlt.