Diesel-Nachrüstungen „Scheuers Pläne führen direkt zu weiteren Fahrverboten“

Diesel-Nachrüstungen: Autoindustrie soll laut Verkehrsclub zahlen Quelle: imago images

Der Verkehrsclub Deutschland protestiert gegen Pläne des Verkehrsministers, den Umtausch von Diesel-Autos zu fördern. Das führe direkt zu weiteren Fahrverboten, sagt VCD-Referent Michael Müller-Görnert.

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WirtschaftsWoche: Kabinett und Autoindustrie arbeiten derzeit an einem neuen Paket für bessere Luft in Städten, in denen Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden. Bundesumweltminister Scheuer will weitere Fahrverbote für Dieselautos vermeiden. Sind das nicht zwei zumindest kurzfristig unvereinbare Ziele?
Michael Müller-Görnert: Das Maßnahmenpaket, das Scheuer vorschlägt ist erstens ein Konjunkturpaket für die Automobilindustrie und wird zweitens direkt zu weiteren Fahrverboten führen. Das Umweltbundesamt hat berechnet, dass ein Umtausch von Fahrzeugen kaum die Luftqualität in den Innenstädten verbessern wird. Wir fordern daher: schnellstmöglich technische Nachrüstungen an einem großen Teil der Diesel-Fahrzeuge, nämlich denen der Euronorm 5 und 6. Wir erleben immer noch Rückrufaktionen, wie kürzlich beim nagelneuen Audi A 6, der ein Mehrfaches der zulässigen Stickoxid-Emissionen verzeichnete. Es ist eine Mogelpackung ohnegleichen, wenn jetzt die Hersteller dafür noch belohnt werden, indem man ihnen den Absatz von Neuwagen erleichtert.

Hardware-Nachrüstung, also Einbau von Katalysatoren, oder Software-Nachrüstung? Was ist aus ökologischer Perspektive sinnvoller?
Wir fordern eine Hardware-Nachrüstung an allen Euro-5- und Euro-6-Dieselfahrzeugen, die keinen SCR-Kat, also Stickoxid-Katalysator haben. Software-Updates bringen nicht viel. Denn bei weniger als zehn Grad Außentemperatur funktioniert die Abgasnachbehandlung nicht. Software-Updates sind nur in den Fällen eine Lösung, wo ein SCR-katalysator vorhanden ist, aber die Harnstoffeinspritzung zu gering eingestellt ist.  

Und wer soll das bezahlen?
Die Autoindustrie ist der Verursacher des Abgasskandals. Sie muss zahlen. Die Autobesitzer sind ohnehin schon die Gelackmeierten, wenn sie mit den dreckigen Diesel-Fahrzeugen in manche Städte nicht mehr reinfahren dürfen. Die sollen nicht auch noch die Nachrüstung bezahlen müssen. Wir werden morgen an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer eine Liste mit fast 260.000 Unterschriften übergeben von Leuten die fordern: Schluss mit dem Betrug, Nachrüstung auf Kosten der Hersteller!

Haben Diesel-Motoren noch eine Zukunft als Antriebstechnologie?
Es gibt neue Modelle, die die Abgasnorm Euro 6d-Temp erfüllen. Da hat man das Problem relativ gut im Griff. Aber es gibt noch nicht sehr viele dieser Modelle. Das ist ja die Krux: Die Hersteller wollen mit Umtauschprämien ihre Technik von gestern an den Mann bringen. Beim Klimaschutz hängt der Verkehr sehr weit zurück. Wir brauchen eine Verkehrswende hin zu neuen, emissionsfreien Antrieben, also mehr Elektrofahrzeuge.

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