Dieselgipfel Dobrindts Diesel-Liste provoziert harsche Kritik

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{Maas kritisiert Unions-Blockade bei neuen Verbraucher-Klagerechten


Maas fordert deshalb schon länger neue Klagerechte für Fälle mit vielen betroffenen Verbrauchern wie dem Abgasskandal. Mit der von seinem Haus erdachten Musterfeststellungsklage könnten bereits zentrale Streitfragen „zügig und einheitlich“ entschieden und zahlreiche Parallelprozesse vermieden werden, erklärte er in seinem Beitrag für das Handelsblatt. Doch CDU/CSU hätten in der laufenden Wahlperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf blockiert. Maas mahnte daher, Autokäufer und Arbeitnehmer jetzt nicht gegeneinander auszuspielen nach der Devise: Zu viele Rechte für die Käufer der Diesel-Autos gefährdeten Arbeitsplätze. „Wer so argumentiert, zieht die falschen Lehren aus der Krise“, betonte der Minister. „Nicht zu viel Verbraucherrechte sind die Gefahr für Deutschlands Autobauer, sondern ihr dubioses Gebaren bei den Abgaswerten.“

Der Stuttgarter Autobauer reichte die Selbstanzeige wegen mutmaßlichen Kartellabsprachen einem Bericht zufolge eher ein als Konkurrent Volkswagen. Das dürfte sich auf den Strafnachlass auswirken.

Weiger beklagte in diesem Zusammenhang, dass die Verbraucher jetzt schon das Nachsehen hätten, weil sie Fahrverbote befürchten und mit einem massiven Wertverlust ihrer Fahrzeuge beim Wiederverkauf rechnen müssten. „Private Diesel-Besitzer müssen heute schon hohe Rabatte beim Wiederverkauf gewähren, haben längere Standzeiten“, so Weiger. Durch das Bekanntwerden des Diesel-Kartells werde sich die Situation noch verschärfen.

Der BUND-Chef glaubt, dass die Autobanken mit ihren Leasingverträgen für Firmenwagen Probleme bekommen könnten. „Denn die meisten neuen Dieselautos wurden hierzulande als Firmenwagen gekauft und gehen dann nach drei Jahren zurück zum vereinbarten Preis an die Leasingfirmen“, sagte Weiger. „Die finanzierenden Banken wird das nicht unerheblich treffen.“

Überlegungen seitens der Autoindustrie, Euro-6 und Euro-5-Dieselmotoren per Software nachzurüsten lehnt Weiger ab. Fahrzeuge, die die Grenzwerte überschreiten, müssten vielmehr etwa durch SCR-Katalysatoren auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden. „Wo die Nachrüstung nicht funktioniert, müssen Rücknahme und Tausch gegen gesetzeskonforme Modelle auf Kosten der Hersteller erfolgen.“

Ein neues Dokument setzt viele deutsche Autobauer unter Druck: Haben sie sich bei der illegalen Abgasreinigung abgesprochen? Berichten zufolge droht ein riesiger Kartellfall.
von Sebastian Schaal

Gelinge diese nicht, kämen auch Schadensersatzklagen in Frage. „Argumentativ gibt es hierfür bessere Voraussetzungen für die Kunden als vor Bekanntwerden des Absprache-Kartells“, sagte Weiger. „Denn offenbar wurden, um etwa 80 Euro pro Fahrzeug zu sparen oder für den Komfort langer Wartungsintervalle bei Fahrzeugen mit SCR-Kat, zu kleine Ad-Blue-Tanks eingebaut und Abschalteinrichtungen genutzt.“

Greenpeace fordert ein Fahrverbot in Städten für Autos, die gesetzliche Abgasgrenzwerte nicht einhalten. Betroffene Autofahrer dürften allerdings nicht mit daraus entstehenden Einschränkungen oder Kosten alleine gelassen werden, betonte Experte Stephan. „Die Bundesregierung muss die Autohersteller zur Verantwortung ziehen und dafür sorgen, dass Autobesitzer für die ihnen entstehende Kosten entschädigt werden.“

Ähnlich äußerte sich der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), Klaus Müller. Eine „rasche Umrüstung“ manipulierter Fahrzeuge sei „wünschenswert“, denn Fahrverbote würden erneut zu Lasten der Kunden gehen. „Es waren aber nicht die Kunden, die getrickst haben“, sagte Müller dem Handelsblatt. Verkehrsminister Dobrindt müsse daher die Hersteller endlich die Verantwortung nehmen.

Die Nachrüstungen müssten zu einem „signifikanten Rückgang“ der Schadstoffemission führen, betonte der VZBV-Chef. Und: „Die Hersteller müssen Garantien für mögliche Folgeschäden der Umrüstung aussprechen, Halter manipulierter Fahrzeuge müssen entschädigt werden.“ Die Politik müsse überdies Lehren aus dem Abgasskandal ziehen und sich etwa für unabhängige Prüfungen stark machen.

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