Dieter Gorny Gabriel engagiert Lobbyisten der Musikindustrie als Berater

Wirtschaftsminister Gabriel hat den Musikmanager Dieter Gorny zum „Beauftragten für Kreative und Digitale Ökonomie“ berufen. Die Grünen sind entsetzt und fürchten „verheerende“ Folgen für den Standort Deutschland.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Sigmar Gabriels neuer Berater für „Kreative und Digitale Ökonomie“: Dieter Gorny. Quelle: dapd

Berlin Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erntet scharfe Kritik dafür, dass er den Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI), Dieter Gorny, zum „Beauftragten für Kreative und Digitale Ökonomie“ berufen hat. „Mit kalten Kriegern, die immer noch das Rad der Zeit zurückdrehen wollen, ist ein seit Jahren dringend benötigter Interessensausgleich im Netz nicht machbar“, sagte der Vize-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

„Der Vizekanzler und die Bundesregierung machen durch die Benennung in Sachen Digitale Agenda drei Schritte zurück, nachdem sie erst einen halben, zögerlich nach vorn gegangen waren.“ Damit zeige sich, dass alle IT-Gipfel und digitalen Sonntagsreden nur Show seien und die Große Koalition den Digitalen Wandel weiter verstolpere. „Das ist auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland verheerend.“

Die Berufung Gornys geht aus dem Schreiben Gabriels vom 23. März an Gorny hervor. In dem Brief, der dem Handelsblatt (Online-Ausgabe) vorliegt, begründet Gabriel die Berufung des Musikmanagers damit, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft von der Digitalisierung „besonders betroffen“ sei, weil ihre Produkte einerseits „direkter Treiber wesentlicher gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungen“ seien, gleichzeitig die Digitalisierung aber auch die Geschäftsmodelle der Branche verändere. „Von der Kultur- und Kreativwirtschaft ausgehende Innovationen berühren und prägen dabei auch andere Wirtschaftszweige und wirtschaftliche Erscheinungen, wie etwa „Industrie 4.0“ und die „Kreative und Digitale Ökonomie“, so Gabriel.

Ihm erscheine daher eine „Verzahnung und Vermittlung der bestehenden Initiativen und Strategien der Kultur- und Kreativwirtschaft einerseits mit der Digitalen Agenda und der innovativen Digitalisierung der Wirtschaft“ erforderlich. Und er freue sich, dass Gorny sich bereit erklärt habe, „mich bei dieser Aufgabe als Experte beratend zu unterstützen (…)“.


„Die denkbar ungeeignetste Besetzung“

Von Notz sprach von einer „wirklich kuriosen Entscheidung“ und fügte hinzu: „Wer für die digitale Gesellschaft essentielle Zukunftsfragen in höchst fragwürdiger Weise an die Wirtschaft outsourced zeigt, wie maßlos er selbst mit der angemessenen politischen Begleitung des digitalen Wandels überfordert ist.“

Der Grünen-Politiker mahnte, endlich die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ aufzugreifen und den digitalen Wandel der Gesellschaft „aktiv und im Sinne aller Beteiligten“ zu gestalten. „Gorny ist hierfür die denkbar ungeeignetste Besetzung“, sagte von Notz. „Er ist in den letzten Jahren in erster Linie als Gegner des Digitalen Wandels und Befürworter repressiver Modelle aufgetreten.“

Gorny studierte zunächst in Köln Musik, wurde Musiklehrer und spielte in mehreren Orchestern. 1989 rief er die Musikmesse Popkomm ins Leben. Vier Jahre später gründete er mit anderen Gesellschaftern den Musiksender VIVA. Seit 2004 ist Gorny Präsidiumsmitglied beim Deutschen Musikrat und seit 2007 Vorstandschef des Bundesverbands Musikindustrie. Gorny lehrt überdies als Professor für Kultur- und Medienwissenschaft an der Fachhochschule Düsseldorf.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%