Digital-Gipfel Wer verharrt, verliert

Digital-Gipfel zu Künstlicher Intelligenz Quelle: imago images

Spät, sehr spät stellt die Bundesregierung die Künstliche Intelligenz ins Zentrum ihres Digital-Gipfels. Aber auch viele deutsche Unternehmen müssen ihre zögerliche Haltung gegenüber der Technik noch überdenken.

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Fünf Prozent der deutschen Unternehmen nutzen Künstliche Intelligenz (KI). Eine erschreckend kleine Zahl. Denn das heißt auch: Die ganz überwiegende Mehrheit macht von der Technik, in welcher Form auch immer, bislang keinen Gebrauch. Nur zwei Prozent planen außerdem in naher Zukunft erste konkrete Maßnahmen.

Drei Viertel der Unternehmen in Deutschland sagen sogar KI sei für sie nicht relevant. Eine schier unglaubliche Aussage, wenn man bedenkt, wie stark die Technik unsere Lebens- und Arbeitswelt und natürlich auch die Geschäftswelt von Unternehmen derzeit von Assistenzsystemen bis hin zur Qualitätskontrolle verändert.

Die Zahlen stammen aus einer Studie, die das Bundeswirtschaftsministerium vor dem Digital-Gipfel in dieser Woche bei Marktforschern von Kantar TNS und Wissenschaftlern des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim in Auftrag gegeben hat. Für elf Branchen sei die Studie repräsentativ, schreiben die Autoren, beispielsweise für den Maschinenbau, die Energieversorgung und das Gesundheitswesen.

Am Montag und Dienstag treffen sich Bundesminister, Manager und Unternehmer sowie einige Wissenschaftler in Nürnberg, um über Digitalisierung und Digitalpolitik zu sprechen. Wichtigstes Thema ist in diesem Jahr die künstliche Intelligenz, die Bundesregierung will ihre vor zwei Wochen beschlossene KI-Strategie nun offiziell vorstellen.

Es ist spät, sehr spät, erst 2018 in dem Format über Künstliche Intelligenz zu sprechen. In China investieren längst einzelne Städte Milliarden Dollar in die Technik. Die großen Technikkonzerne aus den USA beherrschen das Feld. In Europa hat Großbritannien das innovativste Ökosystem für KI geschaffen. Und selbst Frankreich, das lange nicht mehr als sonderlich technikaffiner Standort galt, hat schon im letzten Jahr eine KI-Strategie erdacht, die bereits erste Wirkung zeigt.

Woran liegt die Zögerlichkeit der deutschen Unternehmen? Das Viertel der befragten Unternehmen, das sich zumindest mit der Technik befasst, gab den Studienautoren genauer Auskunf: Fast zwei Drittel von ihnen haben Bedenken wegen des Datenschutzes, 41 Prozent nennt Probleme bei der Beschaffung und Aufbereitung benötigter Daten. Es reicht daher nicht aus, dass die Bundesregierung die Möglichkeit, Unternehmensdaten zur gemeinsamen Nutzung zusammenzulegen und Daten von Behörden zugänglich zu machen, in ihrer Strategie lediglich als Nebenaspekt nennt. Sie muss ihre Datenpolitik viel stärker überarbeiten.

Aber auch die Unternehmen sind gefragt. Wenn mehr als die Hälfte der KI-Kenner in der Studie die Einstiegskosten fürchten und die Technologie für unausgereift halten, brauchen sie mehr Mut. Wer ängstlich verharrt und zittert, kann nur verlieren. Die fast drei Viertel der Industrieunternehmen, die ihre Geschäftsmodelle für nicht angreifbar halten, werden bald merken, dass sie falsch liegen. Aber dann könnte es zu spät sein.

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