Digitale Bedrohung Bundeswehr findet keine Cyber-Krieger

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Hacker begegnen dem Staat mit Skepsis

Der Vergleich mit dem Valley drängt sich tatsächlich auf, vor allem finanziell – nur leider kommt die Bundeswehr dabei nicht gut weg: Aus dem amerikanischen Sicherheitsapparat fließen Schätzungen zufolge jedes Jahr mindestens 15 Milliarden Dollar ins Techtal. Der hiesige Hub hat für Studien, Pilotprojekte und Ideenwettbewerbe in den nächsten drei Jahren 15 Millionen Euro zur Verfügung. Und während in den USA Techelite und Militär seit jeher eng verbandelt sind, muss Yon ein historisches Manko überwinden: Diejenigen, die hierzulande das Hacker-Handwerk beherrschen, begegnen dem Staat mit Skepsis.

Yon trägt einen marineblauen Wollpulli mit Deutschlandflagge am Arm und dem Namen in goldenen Buchstaben auf der Brusttasche. Bis zum szenetypischen Kapuzenpulli ist es da noch ein gewisser Weg. Viele zollen ihm dennoch Respekt für seinen ersten Aufschlag in der Techszene: 1999 tauschte Yon nach vier Jahren als Investmentbanker bei Lazard den Glanz der Londoner City gegen grauen Beton am Rand von Bochum. Er stieg bei einer Firma ein, die an der dortigen Uni entstand: ZN Vision hatte sich auf Software spezialisiert, die Gesichter erkennen kann – selbst dann, wenn man eine Maske trägt. Yon brachte den Forschern bei, sich stärker an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren, stampfte unrentable Projekte ein, holte erfahrene Vertriebler.

2003 übernahm ein US-Konzern die Firma für 31,5 Millionen Dollar. An Yon soll ein Drittel gegangen sein. Sein Startkapital als Businessengel. „Er hat das Unternehmen in schwierigen Zeiten zum Erfolg geführt, als es nahezu unmöglich war, an Geld zu kommen“, lobt Alexander von Frankenberg, Geschäftsführer des High-Tech-Gründerfonds.

Diese Fähigkeit aber ist bei der Bundeswehr kaum gefragt: Geld beschaffen muss Yon nicht. Das stellt die Bundeswehr. Er muss die Talente besorgen. Und in der mit Über-Egos nicht unterversorgten Start-up-Szene zweifelt man, dass er die richtigen Drähte hat. Zwar hat sich Yon in Start-ups eingekauft und verfügte über eine Beteiligungsgesellschaft. „Die agiert aber relativ intransparent und ist in der Szene keine wirklich große Nummer“, sagt ein Risikokapitalgeber.

30 Leute sollen es im Hub werden, elf hat Yon schon. Viele Soldaten, ein promovierter Informatiker, eine Geisteswissenschaftlerin. Und Jan Andresen, 41, wie Yon Kandidat fürs Führungsteam des Hubs. Doch auch er ist in der Start-up-Welt zweite Reihe. Andresen programmierte in der elften Klasse Computerspiele und machte daraus mit Freunden eine Firma, die sie zehn Jahre später für 26 Millionen Dollar verkauften. Sein zweites Abenteuer lief weniger erfolgreich: Als Chef trat er bei einem Start-up an, das virtuelle Doppelgänger fürs Netz anbot. Zwischen den Gründern entbrannte ein Streit, den er nicht schlichten konnte. Eineinhalb Jahre später war die Firma pleite.

Start-ups für die Bundeswehr zu begeistern ist aber nur der erste Schritt. Yon muss zusätzlich die Bundeswehr für die Start-ups begeistern. Viele Konzerne scheitern gerade daran, die Ideen, die in ihren Labs und Hubs entstehen, ins Unternehmen zu bringen. Dort werden sie zerrieben zwischen Bürokratie, zertrampelt von Besitzstandswahrern. Kann Yon bessere Brücken bauen?

„Er hat den Mut, unpopuläre Dinge auch anzusprechen“, sagt Investor Frankenberg. „Da wird er sicher anecken in der neuen Rolle.“ Diplomatisches Geschick sei nicht gerade seine Stärke, sagt einer, der ihn lange kennt. Das zeigte sich vor fünf Jahren: Da wollte Yon als FDP-Kandidat für Potsdam in den Bundestag, unterlag aber in einer Abstimmung bei der Kandidatenaufstellung. Wenige Tage vor der Wahl verkündete er via Facebook, er habe nun SPD gewählt.

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