Digitale Infrastruktur Glasfaserausbau in Deutschland kommt weiter kaum voran

Vor dem eigenen Wohnhaus in der Luft hängend bringt dieses Bündel mit Umhüllungen für Glasfaserkabel wenig. Im besten Falle liegt die Leitung bis zur Haustür – worauf viele Deutsche aber wohl noch lange warten müssen. Quelle: dpa

Die Bundesregierung hat beim Breitbandausbau vollmundige Versprechen abgegeben. Viele wird sie nicht halten können, wie neue Zahlen belegen. Und bei manchen Vorhaben kennt sie offenbar nicht einmal den aktuellen Stand.

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Viele Deutsche werden wohl noch länger ohne Glasfaseranschluss auskommen müssen. Denn der Breitbandausbau schleppt sich weiter nur mühsam voran. Seit 2015 stellte der Bund zwölf Milliarden Euro Fördermittel bereit, von denen bis Ende 2020 lediglich eine Milliarde Euro für Ausbauprojekte abgeflossen ist. Das sind etwas mehr als acht Prozent. Jedes Jahr seit Beginn der Förderung türmen sich mehrere hundert Millionen Euro an Ausgaberesten auf, 2020 mit einem Höchststand von 931 Millionen Euro.

Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor. „Wenn es so weitergeht, werden viele Menschen auch 2025 von Glasfaserinternet nur träumen können“, kritisiert Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen. Verkehrs- und Infrastrukturminister Andreas Scheuer (CSU) sei seiner Aufgabe nicht gewachsen. „Er kümmert sich weiterhin nur um bayerische Straßen, die digitalen Infrastrukturen haben für ihn keine Priorität.“ Wenn sich das nicht ändere, so Kindler weiter, werde Deutschland weiterhin „ein digitales Entwicklungsland“ bleiben.

Mitte 2020 verfügten von 41,5 Millionen Haushalten in Deutschland lediglich 5,7 Millionen über einen Glasfaseranschluss, also eine schnelle Internetverbindung mit mehr als 1000 Mbit pro Sekunde. Das sind 13,7 Prozent, eine Quote, die im internationalen Vergleich weit hinter anderen Industrienationen zurückbleibt. In Südkorea etwa sind inzwischen mehr als 83 Prozent der Haushalte ans Glasfasernetz angeschlossen. Aus diesem Grund lästert FDP-Chef Christian Lindner gern, Deutschland sei beim schnellen Internet eher mit Nord- als mit Südkorea vergleichbar. Das ist zwar äußerst zugespitzt, aber nicht völlig falsch.

Doch was muss sich ändern, damit es schneller vorangeht?

Margit Stumpp, Bundestagsabgeordnete und in der Grünen-Fraktion Expertin für digitale Infrastruktur, fordert, den bürokratischen Aufwand für Kommunen und Landkreise bei der Beantragung der Fördermittel zu verringern. „Auch die Erhöhung der Akzeptanz alternativer Verlegetechniken, wie Trenching, könnte den Glasfaser-Ausbau enorm beschleunigen“, sagt Stumpp. Beim Trenching wird nicht gleich die ganze Straße aufgerissen, um ein Kabel zu verlegen.

In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD versprochen, bis zum Ende der Wahlperiode unter anderem alle Schulen und Gewerbegebiete mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Das müsste also bis Herbst erledigt sein – was nicht mehr zu schaffen ist. So ist etwa nur jede zehnte der 33.000 Schulen in Deutschland ans schnelle Internet angeschlossen.

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Bei den Gewerbegebieten weiß es die Bundesregierung selbst nicht so ganz genau. In ihrer Antwort an die Grünen verweist sie lediglich darauf, dass 702 Zuwendungsbescheide bewilligt worden seien. Mit einem Förderprojekt könnten aber auch mehrere Gewerbegebiete angeschlossen werden. „Die Anzahl der Gewerbegebiete wird statistisch nicht erhoben“, schreiben Scheuers Beamte an Kindler und Stumpp.

Mehr zum Thema: Die Technik wird immer billiger, sodass sich immer mehr Anbieter von Satelliten-Internet auf den Markt wagen – und die Technologie zur echten Alternative für Glasfaser und DSL machen.

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