DIW-Studie Flüchtlinge integrieren sich weniger schnell als andere Zuwanderer

Die bisherigen Erfahrungen mit Flüchtlingen der Jahre vor 2010 zeigen, dass sie geringe Qualifikationen und Sprachkenntnisse mitbringen. Allerdings holen sie den Rückstand gegenüber anderen Einwanderern auf.

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Fehlende Sprachkenntnisse: Im Gegensatz zu Arbeitsmigranten können sich Flüchtlinge kaum auf ihr Zielland vorbereiten. Quelle: dpa

Bisherige Erfahrungen mit Flüchtlingen können möglicherweise Ansatzpunkte liefern für die Chancen zur Arbeitsmarktintegration der zuletzt nach Deutschland gekommenen. Eine Gruppe von Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Humboldt-Universität kommen nach einer Studie zu der Erkenntnis: Nach anfänglichen Startschwierigkeiten konnten Geflüchtete, die in den Jahren 1990 bis 2010 nach Deutschland kamen, bei ihren Sprachkenntnissen und auf dem Arbeitsmarkt gegenüber anderen Einwanderern aufholen.

von Simon Book, Max Haerder, Rebecca Eisert, Maximilian Nowroth, Jürgen Salz, Christian Schlesiger, Cordula Tutt, Kathrin Witsch

Flüchtlinge brachten zwar im Durchschnitt geringere formale Qualifikationen aus ihrem Herkunftsland mit als andere Einwanderer, sprachen bei ihrer Ankunft schlechter Deutsch, nahmen später ihren ersten Job auf und brachten ihre unter drei Jahre alten Kinder seltener in eine Kita. Allerdings konnten sie ihre Sprachkenntnisse schneller verbessern und erreichten beim Besuch von Schulen in Deutschland häufiger hohe Abschlüsse als andere Einwanderer.

„Eine Hürde ist zu Beginn, dass ankommende Flüchtlinge kaum Deutsch sprechen. Im Gegensatz zu Arbeitsmigranten können sie sich aber auch kaum auf ihr Zielland vorbereiten“, sagt Martin Kroh, stellvertretender Leiter der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin. „Die Vielzahl der Maßnahmen und auch gesellschaftlichen Initiativen lässt auf eine schnellere Integration der jüngst Geflüchteten hoffen“, so Kroh. Zusammen mit acht Kollegen hat Kroh Daten der gemeinsamen Migrationsbefragung des SOEP und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) über in den Jahren 1990 bis 2010 nach Deutschland geflüchteten Menschen ausgewertet.

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20 Prozent der 1990 bis 2010 gekommenen Flüchtlinge verließen die Schule in ihrem Herkunftsland ohne Abschluss, in anderen Zuwanderergruppen waren es zehn Prozent. Allerdings erreichten Geflüchtete – sofern sie in Deutschland eine allgemeinbildende Schule besuchten – hierzulande höhere Schulabschlüsse als andere Migranten. Auch der Anteil derjenigen mit Berufserfahrung war kaum niedriger als in den anderen Zuwanderergruppen und die durchschnittliche Erwerbsdauer zum Zeitpunkt des Zuzugs sogar etwas höher.

Neben beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen ist das Beherrschen der deutschen Sprache eine wichtige Voraussetzung für die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Zwar brachten Geflüchtete kaum Deutschkenntnisse bei der Einreise mit, im Jahr 2013 hatten sie aber das Sprachniveau anderer Einwanderer nahezu erreicht.

Die zwischen 1990 und 2010 nach Deutschland Geflüchteten benötigten mehr Zeit als andere Einwanderer, bis sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten. Noch Jahre nach der Einwanderung waren diese Menschen häufiger erwerbslos und erzielten geringere Einkommen. Etwa zwei Drittel aller geflüchteten Männer, aber nur jede vierte Frau haben in den ersten fünf Jahren ihres Aufenthalts in Deutschland eine erste Stelle gefunden. Sie waren 2013 vor allem in kleinen Unternehmen, im verarbeitenden Gewerbe und in der Gastronomie tätig. „Unter anderem die Partizipation im deutschen Bildungssystem und ein häufiger Sprachgebrauch, insbesondere am Arbeitsplatz, stehen in einem positiven Zusammenhang mit dem Spracherwerb“, sagt Elisabeth Liebau, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim SOEP.

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