
Bisherige Erfahrungen mit Flüchtlingen können möglicherweise Ansatzpunkte liefern für die Chancen zur Arbeitsmarktintegration der zuletzt nach Deutschland gekommenen. Eine Gruppe von Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Humboldt-Universität kommen nach einer Studie zu der Erkenntnis: Nach anfänglichen Startschwierigkeiten konnten Geflüchtete, die in den Jahren 1990 bis 2010 nach Deutschland kamen, bei ihren Sprachkenntnissen und auf dem Arbeitsmarkt gegenüber anderen Einwanderern aufholen.
Flüchtlinge brachten zwar im Durchschnitt geringere formale Qualifikationen aus ihrem Herkunftsland mit als andere Einwanderer, sprachen bei ihrer Ankunft schlechter Deutsch, nahmen später ihren ersten Job auf und brachten ihre unter drei Jahre alten Kinder seltener in eine Kita. Allerdings konnten sie ihre Sprachkenntnisse schneller verbessern und erreichten beim Besuch von Schulen in Deutschland häufiger hohe Abschlüsse als andere Einwanderer.
„Eine Hürde ist zu Beginn, dass ankommende Flüchtlinge kaum Deutsch sprechen. Im Gegensatz zu Arbeitsmigranten können sie sich aber auch kaum auf ihr Zielland vorbereiten“, sagt Martin Kroh, stellvertretender Leiter der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin. „Die Vielzahl der Maßnahmen und auch gesellschaftlichen Initiativen lässt auf eine schnellere Integration der jüngst Geflüchteten hoffen“, so Kroh. Zusammen mit acht Kollegen hat Kroh Daten der gemeinsamen Migrationsbefragung des SOEP und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) über in den Jahren 1990 bis 2010 nach Deutschland geflüchteten Menschen ausgewertet.
Flüchtlinge: Das ist der Integrationskatalog der CDU
Für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge sollen Praktika mit Abweichungen vom Mindestlohn auf mindestens sechs Monate verlängert werden, um einen Berufseinstieg zu erleichtern. Schon heute sind Abstriche von den 8,50 Euro Mindestlohn pro Stunde bei betrieblichen Einstiegsqualifizierungen von bis zu zwölf Monaten möglich. Die CDU-Spitze verzichtete nach Protest der SPD und des Arbeitnehmerflügels der Union darauf, anerkannte Flüchtlinge mit Langzeitarbeitslosen gleichzustellen. Auch dann wäre eine Abweichung vom Mindestlohn von bis zu sechs Monaten möglich gewesen.
Quelle: CDU-Bundesvorstand / Reuters, Stand: 15.02.2016
Eine Anstellung in der Leiharbeitsbranche soll nach drei statt derzeit erst 15 Monaten möglich sein. Bei gemeinnützigen Organisationen soll stärker dafür geworben werden, Flüchtlinge in den von den Jobcentern geförderten Ein-Euro-Jobs zu beschäftigen.
Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge und sogenannte subsidiär Schutzberechtigte sollen ein unbefristetes Aufenthaltsrecht nur erhalten, wenn sie über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung nachweisen, keine Straftaten begangen haben und ihren Lebensunterhalt sichern können. Auch der Familiennachzug soll von der erfolgreichen Teilnahme an Integrationskursen abhängig gemacht werden.
Die Hürde für eine frühe Teilnahme an Integrationskursen oder Förderprogrammen der Arbeitsagenturen noch vor Abschluss des Asylverfahrens soll höhergelegt werden. Laut dem im Oktober beschlossenen Asylpaket I reicht dafür bisher eine "gute Bleibeperspektive" aus. Diese wird bei Asylsuchenden aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von über 50 Prozent angenommen. Laut CDU-Papier soll "künftig eine 'sehr gute Bleibeperspektive' entscheidend sein, weil wir insbesondere Syrern und Irakern helfen wollen".
Die CDU strebt Gesetze von Bund und Ländern an, in denen verbindliche Integrationsvereinbarungen festgelegt werden sollen. In den Aufnahmeeinrichtungen sollen ein Basissprachkurs und ein Kurs zu Grundregeln des Zusammenlebens Pflicht sein und mit einem Abschlusstest versehen werden.
Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten soll ihr Wohnsitz zugewiesen werden, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft sichern können. Ausnahmen sollen möglich sein, wenn die Betroffenen am Wohnort ihrer Wahl einen Arbeitsplatz und eine eigene Wohnung nachweisen können.
Die CDU will prüfen lassen, ob die Schulpflicht für Flüchtlinge ohne Schulabschluss über das bisher geltende Alter von 18 Jahren hinausgehen soll. Im Entwurf stand noch eine angestrebte Altersgrenze von 25 Jahren.
20 Prozent der 1990 bis 2010 gekommenen Flüchtlinge verließen die Schule in ihrem Herkunftsland ohne Abschluss, in anderen Zuwanderergruppen waren es zehn Prozent. Allerdings erreichten Geflüchtete – sofern sie in Deutschland eine allgemeinbildende Schule besuchten – hierzulande höhere Schulabschlüsse als andere Migranten. Auch der Anteil derjenigen mit Berufserfahrung war kaum niedriger als in den anderen Zuwanderergruppen und die durchschnittliche Erwerbsdauer zum Zeitpunkt des Zuzugs sogar etwas höher.
Neben beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen ist das Beherrschen der deutschen Sprache eine wichtige Voraussetzung für die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Zwar brachten Geflüchtete kaum Deutschkenntnisse bei der Einreise mit, im Jahr 2013 hatten sie aber das Sprachniveau anderer Einwanderer nahezu erreicht.
Die zwischen 1990 und 2010 nach Deutschland Geflüchteten benötigten mehr Zeit als andere Einwanderer, bis sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten. Noch Jahre nach der Einwanderung waren diese Menschen häufiger erwerbslos und erzielten geringere Einkommen. Etwa zwei Drittel aller geflüchteten Männer, aber nur jede vierte Frau haben in den ersten fünf Jahren ihres Aufenthalts in Deutschland eine erste Stelle gefunden. Sie waren 2013 vor allem in kleinen Unternehmen, im verarbeitenden Gewerbe und in der Gastronomie tätig. „Unter anderem die Partizipation im deutschen Bildungssystem und ein häufiger Sprachgebrauch, insbesondere am Arbeitsplatz, stehen in einem positiven Zusammenhang mit dem Spracherwerb“, sagt Elisabeth Liebau, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim SOEP.