Doppelpass-Streit De Maizière schlägt Generationenschnitt vor

Zum großen Ärger von Kanzlerin Merkel hatte der CDU-Parteitag für die Abschaffung des Doppelpasses für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern gestimmt. De Maizière arbeitet an der Versöhnung.

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Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) Quelle: dpa

Im unionsinternen Streit über die Zukunft des Doppelpasses hat Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einen Kompromissvorschlag präsentiert. „Jetzt werden wir uns damit beschäftigen, ob ein Generationenschnitt eine gute Brücke zwischen den verschiedenen Positionen sein könnte“, sagte de Maizière der Deutschen Presse-Agentur am Dienstagabend im Anschluss an eine etwa eineinhalbstündige Informationssitzung der Unionsfraktion im Bundestag zum Doppelpass von in Deutschland geborenen Kindern ausländischer Eltern.

Nach Teilnahmerangaben nahmen an der Sitzung etwa 50 Abgeordnete von CDU und CSU sowie etwa 20 Mitarbeiter der Fraktion teil.

Über das Thema gibt es in der Union Streit, nachdem beim CDU-Parteitag Anfang Dezember in Essen eine knappe Mehrheit der Delegierten gegen den Willen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und de Maizière für eine Abschaffung des Doppelpasses gestimmt hatte. Damals hatte der Antrag der Jungen Union gewonnen, die sogenannte Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern wieder einzuführen.

Mit der fraktionsoffenen Sitzung am Dienstag, bei der keine Beschlüsse gefällt werden konnten, wollte die Fraktionsführung zur Versachlichung der Diskussion beitragen.

De Maizière sagte im Anschluss an das Treffen: „Wir haben uns vorgenommen, eine Brücke zu bauen, einen gemeinsamen Weg zu finden.“ Wichtiges Element eines Kompromisses könne ein Generationenschnitt sei, bei dem die Doppelpass-Regelung „ab einer bestimmten Generation in der Kinder- oder Enkel-Generation“ nicht mehr gelte.

Die von ihm vorgeschlagene und vom Sachverständigenrat für Migration stammende Idee sei, „zu sagen, das kann ja nicht in fünf, sechs Generationen weitergehen“, sagte de Maizière. Die Bindung an ein Heimatland werde mit der Zeit immer geringer. Bislang gebe es einen Konflikt zwischen den in Deutschland aufgewachsenen Kindern und deren ausländischen Eltern, die auch hier leben. „Diesen Konflikt habe ich ja in der Enkel-Generation gar nicht mehr“, sagte der Minister. Zu einem Zeitrahmen für eine Einigung wollte sich de Maizière nicht äußern. Ein möglicher Kompromiss könnte ins Programm für die Bundestagswahl aufgenommen werden.

Seit einer Vereinbarung der schwarz-roten Koalition aus dem Jahr 2014 müssen sich in Deutschland geborene Kinder von Ausländern nicht mehr im Alter von 18 bis 23 Jahren zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Das kommt vor allem vielen jungen Türken zugute.

Teilnehmer an der nichtöffentlichen Sitzung sagten, vor allem Gegner des Kompromisses mit der SPD hätten teilgenommen. Unter anderem waren aber auch Fraktionschef Volker Kauder (CDU), CDU-Generalsekretär Peter Tauber und der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Michael Grosse-Brömer, dabei. Teilnehmer berichteten von einer „sachlichen Diskussion ohne Schaum vor dem Mund“.

Das Thema sei differenzierter als von manchen angenommen, hieß es weiter. So seien unter den in Deutschland lebenden Menschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten mehr als 1,3 Millionen aus früheren Sowjetrepubliken, aber nur gut 500 000 Türken. In der Debatte sei es auch um die Frage gegangen, wie Loyalität zur Bundesrepublik und Wertschätzung gegenüber der deutschen Staatsangehörigkeit entstehen könne.

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