Dorothee Bär über Laschets „Zukunftsteam“ „Eine bloße Regierungsbeteiligung reicht mir nicht“

Dorothee Bär und Armin Laschet Quelle: dpa

Von der Gegnerin zur Unterstützerin: Dorothee Bär ist in Armin Laschets „Zukunftsteam“ für Digitalisierung zuständig. Im Interview spricht die CSU-Politikerin über Krisen, liegen gebliebene KI-Milliarden und eine mögliche Einwechslung von Markus Söder.  

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WirtschaftsWoche: Frau Bär, Ihr Favorit für die Kanzlerkandidatur war CSU-Chef Markus Söder, nun sind Sie in Laschets so genanntem „Zukunftsteam“ gelandet. Wie kommt's?
Dorothee Bär: Als die Kandidatur entschieden war, ist es für uns alle selbstverständlich gewesen, dass die Union an einem Strang zieht. Armin Laschet ist ein Teamplayer. Seine Stärke ist es, die richtigen Leute für die richtigen Themen zu besetzen. Deshalb bin ich gerne Teil dieses Teams. Die beiden Parteivorsitzenden von CDU und CSU haben sich da natürlich eng abgestimmt.

Sie sind in dem Team neben Friedrich Merz das wohl einzig bundesweit bekannte Gesicht. Haben sich  andere Spitzenpolitiker nicht mehr getraut?
Das Team hat Armin Laschet in enger Absprache mit Markus Söder zusammengestellt – und wie es der Name schon sagt, geht es hier um unsere Zukunft. Da würde es keinen Sinn machen, ausschließlich auf schon bekannte Köpfe zu setzen, sondern die Mischung macht's. Wir wollen ein Modernisierungsjahrzehnt, und dafür stehen die Expertinnen und Experten des Teams in ihren jeweiligen Fachgebieten: von Klimawandel mit Andreas Jung über Bildung mit Karin Prien bis hin zur inneren und äußeren Sicherheit mit Peter Neumann. Und für die Digitalisierung stehe ich an der Spitze.

Das Team soll helfen, Armin Laschet und die Union aus dem historischen Umfragetief herauszuholen. Wie sind Sie da überhaupt reingekommen?
Umfragen sind nur Momentaufnahmen, das haben die letzten Monate ja sehr deutlich gezeigt: erst waren die Grünen so weit vorn, dass sie quasi schon das Kanzleramt für ihre Möbel ausmessen wollten, dann hat die Union aufgeholt - die Lage ist eben dynamisch. Jetzt, in den letzten drei Wochen vor der Wahl, werden sich die Bürgerinnen und Bürger noch genauer mit den Inhalten und Personen der Parteien auseinandersetzen und ganz konkret überlegen, wem sie ihre Stimme geben.

Aber wird das „Zukunftsteam“ tatsächlich den Befreiungsschlag bringen – oder wäre eine schnelle Einwechselung von Markus Söder erfolgsversprechender?
Wir alle sind jetzt voll und ganz auf den Wahlsieg am 26. September konzentriert. Und dann wird Markus Söder die Regierungsarbeit auch wie bisher ganz entscheidend mitprägen – als Parteivorsitzender der CSU kommt ihm da naturgemäß eine sehr starke Rolle zu – im aber auch jenseits des Koalitionsausschusses.  Politik ist ja keine One-Man-Show oder One-Woman-Show, genau das zeigt Armin Laschet mit dem Team in seiner gesamten Vielfalt. Ich würde gerne mal sehen, ob die SPD und die Grünen überhaupt ein Team haben. Ich habe eher das Gefühl, dass bestimmte Personen hinter den jeweiligen Kandidaten ganz bewusst versteckt gehalten werden. Wer Armin Laschet wählt, der weiß genau, was für ein Team er mit seiner Stimme bekommt.

Wo Sie gerade schon so schön vom Wahlsieg träumen: Hat Ihnen Armin Laschet das Digitalministerium schon quasi so versprochen wie Friedrich Merz das Wirtschaftsministerium?
Es geht darum, die Wahl zu gewinnen, dafür legen wir uns alle ins Zeug. Es geht hier gerade nicht darum, irgendwelche Ministerien aufzuteilen, sondern darum, dass wir alle, egal an welcher Stelle, in der Union herausragende Verantwortung tragen und die Bürgerinnen und Bürger überzeugen wollen, dass die Union das beste Angebot für Deutschland macht.

Sie werben damit, den „digitalen Turbo“ zünden zu wollen. Warum haben Sie diesen Turbo denn nicht in den vergangenen drei Jahren als Digitalstaatsministerin eingelegt?
Ich bin als Staatsministerin in bestimmte Strukturen eingebunden, die den Turbo nicht so zugelassen haben, wie ich ihn gerne täglich gezündet hätte. Trotzdem habe ich es auch ohne großes Ressort und ohne Budget mit meinem kleinen Team geschafft, aus Stroh Gold zu spinnen. Aber das Entfesselungsjahrzehnt, was Deutschland braucht, wünsche ich mir jetzt auch ganz persönlich für mich selbst.



Mit Verlaub, die digitalpolitische Bilanz der Regierung glänzt ganz und gar nicht Golden: Von den fünf Milliarden Euro für künstliche Intelligenz sind erst 300 Millionen ausgegeben, von den fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt Schule nur 189 Millionen Euro abgerufen worden. In welcher Fax-Republik sie leben, haben die Bürgerinnen und Bürger gerade in der Coronakrise gemerkt. Wie wollen Sie nun plötzlich das schaffen, was Ihnen vorher nicht gelungen ist?
Wie eben gesagt: Ich hatte in der vergangenen Legislatur ebenso wenig für die Verteilung von KI-Milliarden operative Kompetenzen wie für die digitale Bildung. Momentan ist die Struktur einfach schief: Es gibt immer noch Journalisten und viele Bürgerinnen und Bürger, die sich an das Digitalministerium bei mir wenden und alles, was im entferntesten mit Digitalen zu tun hat, monieren. 

Was monieren sie beispielsweise noch?
Vom Funkloch bis zur Start-up-Förderung – obgleich die operativen Kompetenzen in den Ressorts liegen.  Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir nicht mehr in Silos denken dürfen, in Ministerien, die ihre festen Ressortprinzips haben und vertikal aufgestellt sind. Das passt nicht mehr zu einem digitalen Zeitalter. Wir brauchen fürs Digitale robustere Kompetenzen und effizientere, schlagkräftigere Strukturen, um den Turbo zu zünden. Mehr Querschnitt, mehr Durchgriff, mehr Effizienz.

Würden Sie also Themen wie künstliche Intelligenz und digitale Bildung in einem Ministerium für Innovation und digitale Transformation bündeln wollen, wie Sie es sich wünschen?
So wie bisher werden wir jedenfalls nicht so schnell vorankommen, wie wir es müssen. Wir müssen die Ministerien horizontaler aufstellen, die Strukturen anders zuschneiden, Themen bündeln, mehr Koordinierungs- und Durchgriffsrechte einführen.

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Ob die Union dann mit am Tisch sitzt, zeigt sich am 26. September. Wie sicher sind Sie, dass  es noch zum Wahlsieg reicht – oder zumindest für eine Regierungsbeteiligung?
Eine bloße Regierungsbeteiligung reicht mir nicht. Ich kämpfe dafür, dass die Union stärkste Kraft wird und bin guten Mutes, dass uns das auch gelingt mit unserem Programm und einem Team, das auf Zukunft setzt. 

Mehr zum Thema: Die Regierung wollte Deutschland zum führenden Forschungsstandort für künstliche Intelligenz ausbauen. Das ging gründlich schief. Heute ist KI in Deutschland die „Lachnummer der Welt“.

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