Begeistert sind vor allem junge Touristen. Bei vielen anderen überwiegen Skepsis und Kritik. Auch die Unfallzahlen sind hoch. Drei Monate nach der Erlaubnis für die neuen E-Tretroller für Deutschland am 15. Juni wächst der Widerstand. Die wichtigsten Antworten nach der ersten deutschen E-Scooter-Sommersaison:
Wie viele E-Tretroller gibt es inzwischen bundesweit?
Die Zahl ist schwer zu bestimmen. Nicht alle Verleiher machen dazu Angaben. In Berlin stehen 9000 E-Scooter von mindestens fünf Firmen zum Verleih bereit. In Hamburg und München sind es jeweils etwa 3000, in anderen Großstädten ebenfalls einige tausend. Dazu kommen Hunderte Roller in mittelgroßen Städten. Die schwedische Firma Voi will in Kürze in 30 bis 35 deutschen Städten vertreten sein. In ganz Deutschland dürften also inzwischen einige zehntausend Leihroller auf den Straßen stehen. Weitere Roller werden privat genutzt.
Wo und von wem werden die Roller vor allem benutzt?
Die Roller stehen besonders in den Innenstädten und den angrenzenden Gebieten, wo viele Menschen unterwegs sind und die Verleiher auf zahlreiche Kunden hoffen. In den Großstädten sind es meist die Stadtteile, die bei jüngeren Leuten und Touristen beliebt sind. Nur wenige Außenbezirke gehören zu den Geschäftsgebieten.
Wie strikt beachten Rollerfahrer die Verkehrsregeln?
Öfter sieht man Menschen, die einen E-Scooter zu zweit benutzen oder betrunken sind. Auch dass viele Fahrer in Fußgängerzonen und auf Fußwegen unterwegs sind, sorgt für Ärger. Fußgänger- und Behindertenverbände beschwerten sich. Die Polizei reagierte mit Kontrollen. In München wurden in 900 Fällen Fahrer von E-Tretrollern erwischt, die betrunken waren oder Drogen genommen hatten. In Mannheim und Heidelberg stellte die Polizei in sieben Tagen 233 Verstöße fest. Ein Polizeisprecher in Mannheim sagte: „Alles, was man falsch machen kann, wird auch falsch gemacht.“ In Berlin stoppte die Polizei in einer Nacht in einem Kneipenviertel zwölf betrunkene Fahrer.
Wie gefährlich sind die Roller?
Ungeübte oder angetrunkene Fahrer verlieren mit den wackligen Fahrzeugen und ihren kleinen Rädern schnell das Gleichgewicht. Gesicherte Unfallzahlen, die einen Vergleich mit Radfahrern erlauben, gibt es aber noch nicht. Die Berliner Polizei hatte nach einem Monat 21 Verkehrsunfälle mit vier Schwer- und 15 Leichtverletzten registriert. Meistens waren die Rollerfahrer schuld. So verletzte sich ein 26-jähriger Schwede, als er mit 2,2 Promille stürzte. Chefarzt Christian Kühne von der Hamburger Innenstadt-Klinik St. Georg sagte: „In den vergangenen beiden Monaten haben wir in unserer Klinik mehr Verletzte durch E-Scooter-Unfälle behandelt als Verletzungen durch Fahrradunfälle.“ In München registrierte die Polizei bis Anfang September mehr als 40 Scooter-Unfälle. In Köln wurden laut Polizei 55 Unfälle mit E-Scootern gezählt.
Die Verleihfirma Voi gibt zu: „Vor allem junge Nutzer, die noch keine Führerscheinprüfung gemacht haben, gehen oft verantwortungslos mit den E-Scootern um.“ Helfen soll eine bundesweite Sicherheitskampagne. Mit Blick auf die Sicherheit hat der TÜV-Verband Blinker für E-Tretroller gefordert – und eine Helmpflicht.
Wie störend sind die abgestellten Roller?
Neben den Leihfahrrädern stehen in den Großstädte nun auch überall die E-Roller herum. Einige Städte arbeiten bereits an Gegenstrategien. In Berlin sollen ab dem nächsten Jahr Parkflächen am Straßenrand für E-Scooter und Leihräder reserviert werden. Düsseldorf will die Vermietung ab 2020 als Sondernutzung einstufen, Roller dürfen nicht mehr in Fußgängerzonen, Parks oder auf Spielplätzen abgestellt werden. Die Verleiher müssen falsch abgestellte Roller beseitigen. Andere Städte wie Hamburg, München oder Dortmund haben kaum Probleme.
Wie sieht die Umweltbilanz der E-Roller aus?
Statt mit dem Auto zu fahren, sollten die Menschen in den Städten die neuen E-Roller in Kombination mit Bussen und Bahnen nutzen. Das war das Argument der Verleihfirmen und der Wunsch von Verkehrspolitikern. Drei Monate später sind viele ernüchtert, auch angesichts der eher hohen Preise für die Rollermiete von bis zu 20 Cent pro Minute.
Das Umweltbundesamt stellte fest: „Die gefahrenen Strecken sind meist sehr kurz und können regelmäßig auch zu Fuß, mit Bus, Bahn oder Fahrrad bewältigt werden.“ Besser wäre es, wenn Leihroller in den Außenbezirken stünden, weil die Strecken zur nächsten Haltestelle dort länger seien. Nach ersten Zahlen aus Berlin werden die Roller vor allem für Wege bis zu zwei Kilometern genutzt. Der Fahrradverband ADFC schrieb: „Wir hatten die Hoffnung, dass E-Scooter auch mal dazu benutzt werden, zum Bäcker zu surren oder ins Büro. Und dass dafür das Auto stehen bleibt.“ Das sei aber nicht eingetreten.
Was geschieht mit den Rollern im Winter?
Einige Vermieterfirmen wollen ihre Roller auch in den Wintermonaten draußen lassen. „Bisher ist keine Winterpause geplant. Solange die Nutzer mit den Scootern fahren, haben sie die Möglichkeit dazu“, teilte die schwedische Firma Voi mit. „Wir gehen davon aus, dass sie auch im Winter fleißig gefahren werden.“ In Skandinavien habe es auch im Winter „eine hohe Nachfrage“ gegeben.
Wie europäische Länder die E-Scooter regulieren
In Deutschland sind E-Scooter seit zwei Monaten zugelassen, und zu den Erfahrungen zählt, dass die Roller oft unachtsam auf Bürgersteigen abgestellt werden. So sollen nun etwa in Berlin Parkzonen eingerichtet werden. Außerdem soll es verstärkt Polizeistreifen geben, um Verstöße gegen Regeln zu verhindern - beispielsweise ein Zu-Zweit-Fahren auf der Rollerfläche.
Der deutschen Polizei zufolge sind seit Mitte Juni sieben Menschen bei E-Scooter-Unfällen ernstlich und 27 leicht verletzt worden. Ursache war in den meisten Fällen unachtsames Verhalten der Fahrer.
(Stand aller Einträge: 15. August 2019; Quelle: AP)
Die französische Regierung bereitet neue Regeln vor. Im Land gibt es jede Menge Verleiher und mindestens 20.000 E-Roller allein auf den Straßen von Paris. Die meisten sind gemietet, per App, und man kann sie abholen und abstellen, wo immer man will - besonders attraktiv für Touristen und Teenager.
Aber Vereinigungen von Unfallopfern argumentieren, dass diese Nutzer nicht mit den französischen Verkehrsregeln vertraut seien und bei Unfällen nicht immer haftbar gemacht werden könnten. Bislang ist in Paris ein Scooter-Fahrer ums Leben gekommen, und Dutzende sind in diesem Jahr verletzt worden.
Das Rollen auf Gehwegen wird in Paris mit einem Bußgeld von 135 Euro geahndet. Die Bürgermeisterin der Stadt will ferner ein Tempolimit von 20 Kilometern pro Stunde in den meisten Gebieten und von acht Kilometern in Abschnitten mit starkem Fußverkehr. Auch soll es in der Stadt nicht mehr als drei Verleiher geben und insgesamt eine Obergrenze bei der Scooter-Zahl auf den Straßen.
Ähnliche Regeln werden ab Herbst auch in anderen französischen Städten erwartet. Zudem könnten auf Temposünder Strafen von bis zu 1500 Euro zukommen. Kritiker fordern weitere Verschärfungen, so etwa Fahrprüfungen und eine Versicherungspflicht für die Nutzer.
Hier sind E-Scooter nicht nur auf Bürgersteigen verboten, sondern auch auf Straßen, weil sie nicht gesetzlichen Anforderungen wie Versicherungen, Steuern und Fahrprüfungen entsprechen. Scooter-Anhänger protestieren dagegen, sagen, dass Regeländerungen an der Zeit seien.
Am 12. Juli kam es zum ersten tödlichen Unfall bei einer E-Scooter-Fahrt auf der Insel: Die 35-jährige Emily Hartridge, Fernsehmoderatorin und YouTube-Star, wurde auf ihrem Roller von einem Lastwagen getroffen. Nur einen Tag später krachte ein 14-Jähriger mit seinem Scooter in eine Bushaltestelle und erlitt eine Kopfverletzung.
Elektrische Tretroller sind in vielen größeren spanischen Städten ein gewohnter Anblick. Die zuständige Verkehrsbehörde hat neue Regeln ausgearbeitet - aber ihr Inkrafttreten hängt von der künftigen Regierung des Landes ab. Spanien hat Ende April gewählt, aber bislang ist keine neue Regierung zustande gekommen.
In der Zwischenzeit haben Städte einen Mischmasch von Restriktionen verfügt. In Madrid etwa müssen Fahrer im Alter bis zu 16 Jahren einen Helm tragen. In Barcelona, wo im vergangenem Jahr eine 92-Jährige von einem E-Roller überfahren worden war und starb, ist der Kopfschutz für alle Nutzer Pflicht. Gegen den Roller-Fahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung ermittelt, aber er kam dann angesichts fehlender Regulierungen mit einem Bußgeld davon.
In Madrid sind die Scooter nur auf Straßen mit je einer Spur pro Richtung erlaubt, das Tempolimit liegt bei 30 Stundenkilometern. Im südlichen Sevilla können Tretroller seit vergangener Woche gemietet werden, aber der Verleiher testet einen Weg, die Nutzung auf Fahrten zwischen festgelegten privaten Parkplätzen zu begrenzen.
Brüssel ist seit vergangenem Jahr geradezu von E-Tretrollern überschwemmt. Aber jeder der 19 Stadtbezirke hat seine eigenen Regeln, seien es Tempolimits, Bußgelder oder Parkbeschränkungen. Es wird nun daran gearbeitet, die Vorschriften zu vereinheitlichen. Eine Helmpflicht besteht bislang nicht, aber es wird heftig darüber diskutiert.
Einer Stadtsprecherin zufolge hat es bislang einen tödlichen Unfall beim Scooter-Fahren gegeben. Ein größeres Krankenhaus berichtet, dass dort täglich bis zu zwei Verletzte im Zusammenhang mit den Rollern behandelt würden.
Das dortige Verkehrsministerium hat im Juli neue Regeln für E-Roller, Segways, Hoverboards und andere elektrische Transportmittel erlassen. E-Roller dürfen auf Straßen fahren, die Geschwindigkeit ist auf 30 Kilometer in der Stunde begrenzt. In Fußgängerzonen liegt das Tempolimit bei sechs Stundenkilometern. Weitere Schritte wie etwa die Einrichtung bestimmter Zonen oder Verleihregeln sind den Städten überlassen.
Dort operieren E-Scooter weiter in einer Grauzone. Aber Slowenien arbeitet an gesetzlichen Regeln, nach denen die Roller nur in Fußgängerzonen und auf Radwegen zugelassen werden sollen. Das Höchsttempo soll bei 25 Stundenkilometern liegen, aber in Fußgängerzonen nur ein Schritttempo erlaubt sein.
Wie sehen die Erfahrungen im Ausland aus?
Die Pariser Bürgermeisterin forderte neue Gesetze, um die Nutzung der E-Tretroller besser zu regeln. Madrid begrenzte die Zahl der Lizenzen. Die Roller dürfen nicht mehr auf Bürgersteigen, den meisten Straßen oder den Busspuren benutzt werden. Erlaubt sind sie noch auf Radwegen und zum Teil in Tempo-30-Zonen. Mailand forderte die Verleiher im August auf, ihre Fahrzeuge binnen drei Tagen einzusammeln – die Tretroller sollen bis auf weiteres aus dem öffentlichen Raum verbannt werden. Tel Aviv drohte den Verleihfirmen mit Lizenzentzug. Sie müssten dafür sorgen, dass die Fahrer sich an die Verkehrsregeln halten.
Was plant Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)?
Die Erlaubnis für die E-Roller werde von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) über einen Zeitraum von drei Jahren wissenschaftlich begleitet und evaluiert, teilte das Ministerium mit. Ende 2020 soll ein erster Zwischenbericht zu Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit vorgelegt werden.