Drohende Kampfabstimmung Jens Spahn will in die CDU-Spitze

Die Wahl der CDU-Spitze birgt normalerweise keine Überraschungen. Nicht so beim Parteitag in Köln. Da gibt es für das Präsidium mehr Bewerber als Plätze. Einer wird verlieren.

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Er könnte es drauf ankommen lassen: Jens Spahn will in die CDU-Spitze – und dafür womöglich eine Kampfkandidatur gegen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe riskieren. Quelle: dapd

Berlin Kampfabstimmungen sind nicht nach dem Geschmack dieser Volkspartei. Wo immer es geht, vermeidet die CDU von Kanzlerin Angela Merkel ein Ringen mehrerer Bewerber um einen Posten in der Partei. Entweder zieht sich vor der Wahl ein Kontrahent zurück oder es wird durchaus einmal ein zusätzlicher Posten geschaffen - wie vor zwei Jahren für die Riege der Vize-Vorsitzenden. Damals wurde ihre Zahl kurzerhand von vier auf fünf erhöht, weil es fünf Kandidaten gab.

Nun kommt es aber auf dem Bundesparteitag am Dienstag in Köln doch zu einer Kampfabstimmung. Es geht um einen Platz im Präsidium, dem engsten Beschlussgremium um die Vorsitzende. Wer dahin aufrückt, kann Parteikarriere machen beziehungsweise hat es schon getan. Auf sieben Posten der einfachen Mitglieder kommen nun acht Bewerber.

Es geht um die Entscheidung, ob in dieser Runde noch die jüngere Generation vertreten sein oder einer von Merkels Ministern gestärkt wird. Und darum, ob die Partei es goutiert, wenn einer ihrer Jüngeren aus der Reihe tanzt und sich nicht an liebgewordene Gepflogenheiten hält. Womöglich gewinnen aber auch beide und es verliert ein Dritter.

DER VORLAUF: Der Bundestagsabgeordnete und frühere Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder (35), stellt sich nicht wieder zur Wahl. Weil ohne ihn in dem Gremium keiner mehr jünger als 40 Jahre wäre, es dort auch kein JU-Mitglied mehr gäbe und er den Bundestagsabgeordneten Jens Spahn (34) als kritischen Kopf schätzt, hatte er diesen für den geeigneten Nachfolger gehalten.

Spahn meldete seine Kandidatur an, wohlwissend, dass auch die anderen sechs Mitglieder wieder antreten wollen und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (53) gern ins Präsidium zurückkehren würde. Spahn und Gröhe kommen wie Mißfelder aus Nordrhein-Westfalen.

DIE KANDIDATEN: Gröhe war bis zum Eintritt ins schwarz-rote Kabinett als CDU-Generalsekretär Präsidiumsmitglied. Sein Amt übernahm der hessische Bundestagsabgeordnete Peter Tauber (40). Gröhe möchte ins Präsidium zurück, er will nicht nur die Geschicke der Regierung, sondern auch der Partei weiter an vorderster Stelle mitgestalten. Er ist ein ruhiger Sachpolitiker, was ihm als Generalsekretär intern Kritik eintrug. Er wirkt auch in seinem Ministeramt oft im Stillen.

Spahn ist der Gesundheitsexperte der Fraktion. Er kämpft für die Belange der jungen Generation etwa in der Rentenpolitik und geht dafür auch auf Konfrontation zur Regierung. Die kostspieligen Projekte der Mütterrente und Rente ab 63 Jahren hält er für falsch, weil sie die nächsten Generationen massiv belaste. Spahn kann der Idee einer schwarz-grünen Koalition im Bund viel abgewinnen. Mit der Kandidatur für das Präsidium zeigt er Mut und Selbstbewusstsein.


Rückendeckung für beide Kandidaten

DIE CHANCEN: Gröhe wird vom mächtigen CDU-Landesverband NRW unterstützt, Spahn von der JU, der Mittelstandsvereinigung und auch aus der Senioren Union. Merkel vertraut Gröhe spätestens seit dem erfolgreichen Wahlkampf 2013. Finanzminister Wolfgang Schäuble äußert Sympathie für Spahn. Es heißt, Gröhe sei im Vorteil, weil der Landesverband NRW allein ein Drittel der Delegierten stelle. Entschieden ist aber nichts. Möglich ist ja auch, dass beide gewählt werden und einer der sechs anderen Kandidaten das Nachsehen hat.

Die anderen sechs sind: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die Ministerpräsidenten Annegret Kramp-Karrenbauer (Saarland) und Stanislaw Tillich (Sachsen), der Europaabgeordnete David McAllister, der CDA-Chef Karl-Josef Laumann und die Gesundheitsstaatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung, Emine Demirbüken-Wegner.

WER SONST NOCH GEWÄHLT WIRD: Nichts geringeres als die ganze Parteispitze. Hier ist vor allem interessant, wie hoch die Ergebnisse von Angela Merkel als Vorsitzende und die ihrer Stellvertreter im Vergleich zu 2012 ausfallen werden.

Das sind: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sowie die Landesvorsitzenden Julia Klöckner (Rheinland-Pfalz), Armin Laschet (Nordrhein-Westfalen) und Thomas Strobl (Baden-Württemberg).

Klöckner hatte damals das beste Ergebnis, Bouffier das zweitbeste. Die drei anderen lagen unter 70 Prozent. Vor allem von der Leyen, die gern polarisiert, war in der Gunst der Delegierten tief gefallen. Sie kann das ertragen. Der „Welt“ sagte sie einmal: „Beliebt wollte ich zu Schulzeiten sein, das sind Poesiealbumkategorien. Als Ministerin ist das für mich kein Kriterium mehr.“

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