Drohnendebakel De Maizère gibt klein bei

Das Scheitern „Euro Hawk“-Drohne bringt den Verteidigungsminister in Bedrängnis. De Maizière will dem Rechnungshof nun doch Einsicht in alle Akten geben. Viele Fragen lässt er offen - und aus den USA kommt Widerspruch.

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Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU). Quelle: dapd

Celle Nach dem Debakel beim Drohnenprojekt „Euro Hawk“ bemüht sich Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) um Schadensbegrenzung. Er kündigte am Mittwoch an, dem Bundesrechnungshof die Unterlagen zu dem Projekt trotz amerikanischer Geheimhaltungswünsche komplett zur Verfügung zu stellen. Bislang waren der Behörde Teile der Papiere vorenthalten worden, was für viel Kritik sorgte. Die Kanzlerin stellte sich hinter ihren Minister.

De Maizière hatte das „Euro-Hawk“-Projekt, das schon mehr als eine halbe Milliarde Euro gekostet hat, wegen Problemen bei der Zulassung für den europäischen Luftraum gestoppt. Die Opposition verlangt Aufklärung, warum dies nicht früher geschah, obwohl das Ministerium laut Regierungskreisen schon 2011 von den Problemen wusste. Beklagt wird außerdem, das Ressort habe Parlament und Kabinett - neben dem Bundesrechnungshof - nicht ausreichend informiert.

Die Finanzkontrollbehörde hatte unter Verweis auf US-Sicherheitsinteressen nur unvollständige und teils geschwärzte Unterlagen über das Projekt erhalten. Laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages soll dies rechtswidrig gewesen sein.

„Euro Hawk“ ist die europäische Version der US-Drohne „Global Hawk“ des Konzerns Northrop Grumman. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte, wegen des US-amerikanischen Rechts sei es nicht möglich gewesen, dem Bundesrechnungshof volle Einsicht zu geben. Nun sollen die Unterlagen der Behörde als geheim eingestuft und komplett zur Verfügung gestellt werden.

De Maizière will dem Verteidigungsausschuss am 5. Juni über den Fall Bericht erstatten. Konsequenzen aus dem Debakel will er erst danach ziehen, wie der CDU-Politiker am Mittwoch am Rande einer Tagung im niedersächsischen Celle ankündigte. „Ich denke es ist angemessen, dass ich auch zuerst die Abgeordneten des Deutschen Bundestages informiere und danach die Öffentlichkeit.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ über einen Sprecher ausrichten, sie habe volles Vertrauen in den Minister.

Derzeit ist eine Arbeitsgruppe damit beschäftigt, für den Verteidigungsausschuss die Hintergründe für das Scheitern des langjährigen Drohnenprojektes zusammenzutragen. Dies erfordere Sorgfalt, sagte de Maizière. Untersucht würden auch die Folgen für das NATO-Bodenüberwachungsprojekt „Global Hawk“.

Die Zeitungen "Die Zeit" und „Die Welt“ berichteten, der US-Konzern Northrop Grumman, der den „Euro Hawk“ produziert, sei noch nicht über eine Beendigung des Vertrags informiert. „Northrop Grumman hat keine formelle Nachricht erhalten, dass das Programm beendet wird“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens gegenüber der Zeit.

Zudem widersprach das Unternehmen der Darstellung der Bundesregierung über die Gründe für den Ausstieg aus dem Projekt. De Maizière hatte argumentiert, Euro Hawk verfüge nicht über die notwendige Antikollisionstechnologie, um sicher zu navigieren. Außerdem habe die amerikanische Seite nicht alle Baupläne zur Verfügung gestellt, die zur Zertifizierung erforderlich gewesen seien. Dazu erklärt Northrop Grumman in der Zeit: „Wir haben unserem Kunden uneingeschränkten Zugang zu über 4000 Dokumenten gewährt, um ihn bei der Zertifizierung zu unterstützen.“  

De Maizières Sprecher wollte das nicht kommentieren. Bis zu der Ausschusssitzung am 5. Juni könne er sich zu Detailfragen nicht äußern.

Aus der Opposition kamen erneut scharfe Attacken gegen den Ressortchef. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte: „Das dröhnende Schweigen von Minister de Maizière ist unerträglich.“ Der Ressortchef wolle den Skandal aussitzen, statt Verantwortung zu übernehmen. Der SPD-Haushälter Carsten Schneider forderte Merkel auf, die Aufklärung des Falls zur Chefsache zu machen.

Der Linke-Politiker Wolfgang Gehrcke kritisierte, de Maizière sei ohnehin gesetzlich verpflichtet, dem Rechnungshof die Unterlagen zum „Euro Hawk“ zu liefern. „Ansonsten spielt er weiter auf Zeit und lässt das Parlament im Unklaren.“ Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour warf dem Ministerium eine auf Pannen programmierte Beschaffungspolitik vor.

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