DUH-Widerspruch gegen Bau von Flüssiggas-Terminal „Sieben mögliche Terminals erscheinen völlig überdimensioniert“

Wilhelmshaven: Am zukünftigen Anleger für das FSRU (Floating Storage and Regasification Units) für den Flüssiggasimport für Deutschland fand der erste Rammschlag statt. Quelle: dpa

Das erste schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven soll bald Realität werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck reiste am Donnerstag zum ersten Rammschlag für das Terminal. Die Umweltorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht gegen den Bau juristisch vor. Hauptgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner hat einen Gegenvorschlag, wie sich Deutschland sonst unabhängig von Putins Gas machen kann.

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WirtschaftsWoche: Warum will die Deutsche Umwelthilfe die Arbeiten für ein Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven stoppen, die am Donnerstag begannen?
Sascha Müller-Kraenner: Wir müssen unbestritten unabhängig werden von der Gasversorgung aus Russland, aber Klimaschutz und Naturschutz sind genauso wichtig. Das Bundeswirtschaftsministerium hat uns noch nicht erklärt, warum diese Terminals energiepolitisch notwendig sind. Wir sind der Auffassung, dass die Versorgung mit Erdgas in den kommenden Jahren auch ohne solche Terminals zu sichern ist. Es gibt Gutachten renommierter Forschungsinstitute wie etwa vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass Versorgungssicherheit auch ohne neue LNG-Terminals zu erreichen ist. Das geht offenbar innerhalb des europäischen Gasmarkts und durch Einsparungen beim Verbrauch.

Was soll Ihr juristischer Widerspruch bei den zuständigen niedersächsischen Landesbehörden genau erreichen?
Der Bau in Wilhelmshaven wurde vorgezogen und beginnt jetzt. Alles geschah hinter verschlossenen Türen, es gab kein Planfeststellungsverfahren. Die Behörde hat innerhalb weniger Tage einen Antrag des Unternehmens bewilligt. Die Öffentlichkeit erfährt nicht, welche Biotope der sensiblen Meeres-Ökosysteme betroffen sind.

Wir verlangen deshalb Akteneinsicht, um unser Vorgehen weiter entscheiden zu können. Der Widerspruch muss aus unserer Sicht aufschiebende Wirkung haben, weil sonst Fakten geschaffen werden. Mit dem Spatenstich heute von Wirtschaftsminister Habeck beginnen die Arbeiten und die Zerstörung eines Unterwasserbiotops. Es geht auch um die Schweinswale in der Jadebucht. Die können dort nicht ausweichen. Dann platzen die Trommelfelle der Tiere, sie sterben. Es ist unser einziger deutscher Wal.

Sind Sie deshalb gegen jegliche Flüssiggas-Anlandestellen an der Küste?
Nein. Wir fragen aber schon, wie viele Terminals wir brauchen. Zurzeit sind sieben Terminals in der Planung, die zusammen mehr als ein Gasvolumen der Pipeline Nord Stream II nach Deutschland bringen könnten. Das lässt sich nicht vermitteln, schließlich wollen wir weg vom fossilen Gas.

Wir befinden uns in Krisenzeiten, das Gas aus Russland könnte bald gekappt sein. Provokant gefragt: Soll BASF dann schließen oder sollen Privatleute zum Holzholen in den Wald?
Entscheidungen müssen schnell getroffen werden. Das gilt aber für alle Bereiche. Genauso schnell muss es beim Ausbau der erneuerbaren Energien gehen und beim effizienteren Einsatz von Energie. Wir als DUH können innerhalb von 48 Stunden eine Stellungnahme abgeben. Es gibt auch schnelle demokratische Verfahren. Der Rechtsstaat verlangt Transparenz von der Regierung, aber bisher ist die Entscheidung von Minister Habeck nicht nachvollziehbar.

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Wie geht es jetzt nach Ihrem Widerspruch gegen den Baustart weiter?
Wir verlangen, dass der Bescheid für den Bau nicht sofort vollzogen wird. In der Zwischenzeit verlangen wir Akteneinsicht. Wir lassen uns schon überzeugen, sollten ein oder zwei dieser Terminals notwendig sein, aber sieben mögliche Terminals erscheinen völlig überdimensioniert. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Gaswirtschaft einfach ihre alten Pläne aus der Schublade holt und nun sogar staatliche Förderung dafür bekommt. Der Zielkonflikt zwischen Klima- und Naturschutz auf der einen und Versorgungssicherheit auf der anderen Seite lässt sich lösen. Jeder Kompromiss braucht aber Transparenz.

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