Es war bislang höchst fraglich, ob E-Scooter tatsächlich einen wirksamen Beitrag zu zur Lösung des urbanen Verkehrschaos beitragen. Ob also Pendler ihr Auto stehen lassen und Touristen das Taxi meiden, um für kürzere Strecken auf ein – wie es im schönsten Beamtendeutsch heißt – Elektrokleinstfahrzeug zu steigen. Ein erstes Fazit muss wohl lauten: Tun sie nicht.
Die E-Scooter mögen für manche ein großer Spaß sein, die freie Fahrt für freie Tretrollerfahrer sollte man auch niemandem verbieten, aber ein Beitrag zur Verkehrswende sind die Dinger nicht. Noch nicht.
Gefühlt jede Woche wächst das Angebot an Anbietern, die E-Scooter verleihen. Und damit, so der Eindruck nach ein paar Wochen, in einigen Großstädten auch das Chaos. Schwere Unfälle, Trunkenheit am Lenker, und Gehwege voller E-Scooter, die schlicht im Weg stehen. Man mag die ständigen Hinweise auf diese Probleme für das ewige Genörgel von Kulturpessimisten mit neu entdeckter Verkehrsexpertise halten. Aber zumindest in Berlin sah sich die Stadt gezwungen, mit den Verleihern neue Regeln zu finden.
Das Ergebnis taugt zum Vorbild für andere Großstädte. Nicht nur, weil man sich auf Orte einigte, in denen das Abstellen künftig verboten ist, etwa am Brandenburger Tor. Solche freiwilligen Selbstverpflichtungen der Anbieter gibt es in anderen Städten auch schon. Berlin geht noch einen entscheidenden Schritt weiter: Die Hauptstadt will feste Parkzonen für E-Scooter einrichten, wie es sie zum Beispiel auch in Paris schon gibt.
Interessant dabei ist, wo und wie Berlin diese Zonen einrichtet. Zum einen sollen die E-Scooter die Fünfmeter-Bereiche um Kreuzungen und Einmündungen nutzen, die oft wie selbstverständlich von Autos zugeparkt werden – trotz Verbots. Zum anderen, und das ist viel entscheidender, sollen Autostellplätze umgewidmet werden. Was erst einmal harmlos klingt und logischerweise einige Autofahrer ärgern wird, ist verkehrspolitisch ein echter Durchbruch – und der erste Beitrag der E-Scooter zur Verkehrswende.
Berlin schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Nicht allein das Roller-Chaos wird angegangen, sondern eine klügere Bewirtschaftung des Parkraums der Stadt. Verkehrsökonomen und Stadtplaner sind sich einig, dass dies einer der größten Hebel von Kommunen ist, um Luft sauber- und CO2-Emissionen geringzuhalten und Innenstädte lebenswert zu gestalten. Zu viele Städte nutzen dieses Instrument bisher zu wenig, auch Berlin.
Rein ökonomisch betrachtet ist Straßenraum für den Nutzer immer teurer, wenn er nicht als Parkplatz, sondern zum Beispiel als Außenbereich einer Kneipe oder als Markstand genutzt wird. Eine Standmiete für einen Wochenmarkt zum Beispiel kostet in München 18 Euro pro Tag, ein Anwohnerparkplatz 8 Cent. Ein völliges Missverhältnis.
Wenn die E-Scooter in Berlin jetzt also dafür sorgen, dass Parkraum knapper wird, haben sie geschafft, wofür viele überzeugte Radfahrer seit Jahren kämpfen: den öffentlichen Raum für Autos zu reduzieren. Andere Großstädte mit dem Anspruch, in Zeiten der Klimakrise moderne Mobilitätskonzepte vorzulegen, sollten diesem Beispiel folgen.




