Ein Jahr Baukindergeld 2,8 Milliarden Euro Baukindergeld verteilt - leider am Ziel vorbei

Viele Familien wollen sich ihren Traum vom Eigenheim mit dem Baukindergeld erfüllen. Quelle: dpa

Vor genau einem Jahr hat die Bundesregierung das Baukindergeld eingeführt, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Die Nachfrage ist rege – doch die Subvention verfehlt ihr Ziel.

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Als er an diesem Freitag in Berlin ein Jahr Baukindergeld feiert, zeigt sich Horst Seehofer betont zufrieden. „Wir haben damit schon Tausenden Familien den Erwerb der eigenen vier Wände erleichtert“, schwärmt der Superminister, der neben dem Inneren auch für Bau und Heimat zuständig ist.

In der Presskonferenz legen Seehofers Ministerium und die kreditvergebende Bank KfW auch erstmals seit Monaten neue Zahlen vor – und die haben es in sich. Die Nachfrage nach der Bausubvention ist groß: Innerhalb des ersten Jahres wurden 2,8 Milliarden Euro an Zuschüssen an 135.000 Familien bewilligt. Die Hälfte der Familien hat die erste Tranche à 1200 Euro pro Kind bereits bekommen, bei den anderen müssen die Anträge noch abschließend geprüft werden. Insgesamt halten Ministerium und KfW 9,9 Milliarden Euro für bauwillige Familien bereit.

Beziehungsweise für kaufwillige Familien. Das trifft es deutlich eher und zeigt gleichzeitig den Kern des Problems: Denn anders, als es der Name der Subvention suggeriert, führt das Baukindergeld nur in vergleichsweise geringem Umfang wirklich zu neuem Wohnraum. Lediglich ein Viertel der bewilligten Anträge beziehen sich auf Neubauten. In drei Vierteln der Fälle wechseln lediglich Bestandsimmobilien den Besitzer. Nicht ganz zufällig spricht Seehofer in seiner Lobrede von Erwerb, nicht von Bau.

Das Baukindergeld verfehlt damit in der Breite sein eigentliches Ziel, den Wohnungsmarkt zu entlasten. Darauf deutet auch eine weitere Zahl hin, die heute in Berlin präsentiert wurde: 60 Prozent des Baukindergeldes fließen in Städte, 16 Prozent davon in Großstädte.

Gerade in Städten, wo am dringendsten zusätzlicher Wohnraum gebraucht würde, hilft des Baukindergeld jedoch nicht, wie Michael Voigtländer erklärt, Immobilienexperte des Wirtschaftsinstituts IW Köln: „Die wenigen Grundstücke die vorhanden sind, werden vor allem von Projektentwicklern bebaut, für Individualbau gibt es dagegen kaum mehr Optionen.“ Selbstnutzer müssten deshalb in den Bestand ausweichen.

So verschärft sich in den Städten der Kampf um Immobilien durch das Baukindergeld sogar noch. Und auch auf dem Land schafft der Geldsegen mehr Probleme, als er löst. Hier nutzen mehr Familien das Geld, um sich ein neues Haus zu bauen. Doch auf dem Land gibt es schon jetzt eher zu viel Wohnraum als zu wenig.

Oder, wie Voigtländer es formuliert: „In diesen Regionen wird bereits oft über den Bedarf hinaus gebaut, das Baukindergeld kann diese Problematik verschärfen.“

mit Material der dpa

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