Einblick

Wie gut kennen Sie Ihren Großaktionär?

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Wenn arabische Staaten Katar boykottieren, hat das auf den ersten Blick wenig mit der deutschen Wirtschaft zu tun – abgesehen von einer Grundsatzfrage.

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Scheich-Tamim-bin Hamad-Al-Thani- mit-dem-saudischen-König-Salman-in-Doha Quelle: dpa

Sigmar Gabriel bringt die Affäre schnell auf den Punkt. Eine Allianz aus Saudi-Arabien, Bahrain, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten verhängt am vergangenen Montag einen Boykott gegen Katar. Und der deutsche Außenminister warnt wenig später im „Handelsblatt“ vor einer „Trumpisierung des Umgangs miteinander“, der in einer ohnehin krisengeschüttelten Region besonders gefährlich sei.

Trump bashing geht immer, denkt er sich wohl, schließlich war der US-Präsident kürzlich in genau dieser Region unterwegs, um die Scheichs auf den Antiterrorkampf gegen Iran und Co einzuschwören. Dabei sei immer wieder der Name Katar gefallen, versichert Trump in einem seiner vielen Tweets.

Das Powerplay auf der Arabischen Halbinsel ist jetzt genau nach seinem Geschmack, aber alles andere als intelligent und kaum zu durchschauen – wie die jüngste „IS“-Attacke auf das iranische Parlament belegt.

Das ist Katar

Doch vielleicht treibt Gabriel noch etwas anderes an als der Anti-Trump-Reflex. Vielleicht sieht er gerade einen zu engen Partner Deutschlands in argen Schwierigkeiten. Das steinreiche Katar sorgt hierzulande seit Jahren für einen stetigen Geld- und Kapitalsegen. Den Scheichs gehören direkt oder indirekt große Anteile an Volkswagen, der Deutschen Bank oder der Großreederei Hapag-Lloyd. Die Deutsche Bahn wiederum arbeitet am größten Auftrag in ihrer Unternehmensgeschichte. Sie soll im Emirat ein Eisenbahnnetz hinstellen, am besten bis 2022, wenn die Fußballweltmeisterschaft dort stattfindet.

Das viele Geld hat offenbar so manchen blind gemacht. Schon lange vor Donald Trump geriet Katar immer wieder in den Verdacht, den internationalen Terrorismus zu unterstützen, fundamentalistischen Islamisten als Rückzugsraum zu dienen. So riefen zum Beispiel britische Aktivisten im Jahr 2014 zum Boykott des Londoner Nobelkaufhauses Harrods auf, das Katar seit Jahren gehört. In Deutschland machten alle weiterhin die Augen zu. Und das war ein Fehler.

Über seinen Staatsfonds ist das Emirat wichtiger Geldgeber von deutschen Konzernen und redet bei Entscheidungen mit. Das ist riskant, sollte Katar im Zuge der Isolation Aufträge aus den anderen Golfländern unterbinden.
von Saskia Littmann, Martin Seiwert, Matthias Kamp, Annina Reimann

Grundsätzlich gilt der freie Kapitalverkehr. Jeder sollte sich überall auf der Welt einkaufen können. Der Ruf nach Abwehrmaßnahmen entspringt oft nur einem kurzsichtigen protektionistischen Motiv. Aber es sollte auch gelten, dass Großaktionäre genügend transparent sein müssen, damit massive Reputations- und Umsatzrisiken von vornherein ausgeschlossen werden können. Deutsche Aufsichtsräte und Manager müssen sich genau informieren, anstatt sich naiv an die Brust potenter Kapitalgeber zu werfen – selbst wenn sie wie im Falle der Deutschen Bank manchmal verzweifelt sind und scheinbar keinen anderen Ausweg mehr sehen.

Das gilt besonders dann, wenn das Geld aus einem Land kommt, in dem die Grenzen zwischen Staat und Wirtschaft völlig verschwimmen. Die Verfilzung der Eliten kann kein Außenstehender wirklich durchschauen. Die Gefahr ist zu groß, als deutsches Unternehmen unfreiwillig zu einer Art Geisel für die politischen Ziele der dortigen Führung zu werden.

Das gilt übrigens nicht nur für Katar, sondern auch für Saudi-Arabien, Russland oder China. Gabriel weiß das natürlich – es ist aber schlecht fürs Geschäft.

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