Einkommen Nur 1,3 Prozent: Tariflöhne mit geringstem Anstieg seit 2010

Die Diskrepanz zwischen Lohn- und Preisentwicklung. Grund dafür ist vor allem der ungewisse Verlauf der Coronakrise, während der sich die Sozialpartner zurückhalten.

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Experten warnen vor einer Lohn-Preis-Spirale. Quelle: dpa

Die Kaufkraft der Millionen Tarifbeschäftigten in Deutschland hat 2021 unter dem geringsten Lohnplus seit mindestens elf Jahren und der starken Inflation gelitten. Die Tarifverdienste einschließlich Sonderzahlungen wuchsen um durchschnittlich 1,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag nach vorläufigen Berechnungen mitteilte. „Dies wäre der geringste Anstieg der Tarifverdienste seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2010“, hieß es dazu.

Die Verbraucherpreise dürften dagegen mit rund drei Prozent deutlich schneller zulegen. „Damit würde die Verdienstentwicklung der Tarifbeschäftigten im Jahr 2021 deutlich unter der Inflationsrate liegen“, so die Statistiker.

Das Ifo-Institut geht davon aus, dass auch im kommenden Jahr die Preise schneller steigen werden als die Tariflöhne. Letztere dürften den Münchner Forschern zufolge vor allem wegen Einmalzahlungen um 2,4 Prozent zulegen, die Inflationsrate aber mit 3,3 Prozent erneut deutlich höher liegen. Die wirtschaftliche Erholung und die stärkere Teuerung könnten sich „erst mit zeitlicher Verzögerung in kräftigeren Steigerungen der regulären Tarifentgelte niederschlagen“, heißt es im aktuellen Ifo-Konjunkturausblick.

Die Tarifrunde 2021 wurde nach wie vor durch den ungewissen Verlauf der Corona-Pandemie und die damit verbundenen ökonomischen Unsicherheiten geprägt, stellte kürzlich das Tarifarchiv des gewerkschaftsnahen WSI-Instituts fest. „Im Ergebnis führt dies zu eher moderaten Tariflohnzuwächsen“, sagte dessen Leiter Thorsten Schulten.

Während 2020 die Beschäftigten aufgrund einer damals sehr niedrigen Inflationsrate von 0,5 Prozent ein kräftiges Reallohnwachstum verzeichnen konnten, übersteigen hohe Inflationsraten in diesem Jahr erstmals seit langem wieder deutlich die Tariflohnzuwächse.

Manche Ökonomen befürchten, dass die Gewerkschaften wegen der höheren Inflation früher oder später deutlich kräftigere Lohnabschlüsse durchsetzen könnten, um Kaufkraftverluste einzudämmen. Stark steigende Personalkosten wiederum könnten Unternehmen dazu veranlassen, ihre Verkaufspreise kräftig anzuheben, um die Gewinnmarge zu halten. Dadurch könnte eine Spirale aus immer weiter steigenden Preisen und Löhnen in Gang gesetzt werden.

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