Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Einsatz von Kampfdrohnen Ursula von der Leyen muss den Kuschelkurs endlich stoppen

Die Beschaffung von Kampfdrohnen bringt Ursula von der Leyen (CDU) ins Schlingern – ihr Verteidigungsministerium ist dafür, der Wähler dagegen. Vermisst wird dabei die sicherheitspolitische Strategie, die die Anschaffung der fliegenden Killer rechtfertigt.

  • Artikel teilen per:
  • Artikel teilen per:

Von der Leyen entscheidet sich für Kampfdrohnen

Zu den größten der Talenten der Machtpolitikerin Ursula von der Leyen zählt Begabung für Selbstinszenierung: Ob sie medienwirksam die Kinderkrippe der Bundeswehr besucht, mit Drei-Wetter-Taft-Frisur und schusssicherer Weste in Afghanistan aufschlägt – oder sich beim „Public Viewing“ in Washington so vor den Kameras platziert, dass hinter ihr Fußballfans jubeln statt steifer Ehrengäste: Stets gibt die 55-Jährige mit den offenkundigen Ambitionen auf die Thronfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein perfektes Bild ab.

Damit ist Schluss. Die Schonfrist im Bundesverteidigungsministerium, derweil sich die CDU-Politikerin mit einem Kuschelkurs zur Work-Life-Balance temporär profilieren durfte, ist vorüber. In der Debatte um die Anschaffung von Kampfdrohnen muss von der Leyen nach Monaten des Schweigens endlich Farbe bekennen: Braucht die Bundesrepublik Kampfgeräte, die aus der Luft ihre Bomben auf Menschen werfen – gesteuert nur von Soldaten am Joystick, denen der Krieg so fern ist wie beim Videospiel? Oder ist es ethisch verwerflich, was die Amerikaner und andere hochgerüstete Armeen praktizieren? Was würde es für Deutschland bedeuten, wenn die Deutschen bei diesem neuen Wettrüsten nicht mitmachen, der Rest der Welt aber schon (alte und neue Schurkenstaaten inklusive)?

Was für Kampfdrohnen spricht

Merkels machthungrigste Ministerin steckt im Dilemma: Ihre Behörde steht einig hinter den Kampfdrohnen, weil sie im Gefecht Soldatenleben retten können. Dem Wähler aber sind die Dinger unheimlich, ihr Einsatz ethnisch verwerflich. Sachlich gibt es für beide Positionen gute Argumente, die am Montag im Verteidigungsausschuss zur Sprache kamen. Politisch fällt die Abwägung schwer: Wenn es sich von der Leyen wegen eines Anti-Drohnen-Kurses mit ihren Soldaten verscherzt, könnten die der „Mutter der Kompanie“ noch eine Menge Mühlsteine beim McKinsey-mäßigen Umbau der Behörden in den Weg rollen. Aber „UvdL“ als Wegbereiterin der Killer-Ufos? Das könnte ihr den Traum vom Kanzleramt vermasseln.

Was gegen Kampfdrohnen spricht

Ursula von der Leyen antwortet mit einem klaren „jein“: Die Bundeswehr wird Drohnen vorerst mieten, nicht kaufen – allerdings solche, die man auch bewaffnen kann. Im Bundestag sprach sie sich bei einer Neuentwicklung für eine „europäische Lösung“ aus, die allerdings mindestens zehn Jahre dauern werde. Rhetorisch schlüpfte sie – wenn wundert’s – in die Rolle einer „Mutter der Kompanie“: Soldaten, die im Einsatz ihr Leben riskierten, benötigten „die bestmögliche Ausrüstung, und die sollte man ihnen nicht verwehren“. Die Abgeordneten beteuerte sie: „Der Einsatz von Drohnen ist nur möglich, wenn alle völkerrechtlichen Bedingungen beachtet werden – und zwar nach der Billigung durch den Bundestag.“

Indem sie die heiße Kartoffel an den Bundestag zurückgibt, will sich von der Leyen in der brisanten Drohnen-Debatte aus der Affäre ziehen. Im Interesse der Bundesrepublik ist das nicht. Diesseits von nebulösen Proklamationen diverser Spitzenpolitiker, wonach Deutschland „mehr Verantwortung in der Welt“ übernehmen solle, ist das „Wie“ noch völlig ungeklärt. Und daran hängt auch die Drohnen-Frage: Wenn sich die deutsche Politik eine militärische Rolle bei der Befriedung von Konflikten wie in der Ukraine, im Irak oder in Syrien vorstellen kann, dann braucht man Drohnen. Wenn man glaubt, dass dies sowieso nichts bringt, kann auf die Anschaffung der Kampfmaschinen verzichten. Dazwischen gibt es viele weitere Optionen.

Entscheidend ist, dass Deutschland die passende sicherheitspolitische Strategie verpasst bekommt – und davon sollte auch die Frage nach der Beschaffung von Drohnen abhängen. Von einem schlüssigen Konzept deutscher Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert ist die Bundesregierung im Moment weit entfernt. Ursula von der Leyen sollte langsam aus der Kuschelecke der Bundeswehr-Kinderkrippe bequemen und Realpolitik machen. Sonst kann sie auch nicht Kanzler.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%