Einwanderung im Zeitalter des Smartphones Der größte Schatz der Flüchtlinge

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Viel chatten, selten telefonieren

Nur wer die Lebenswirklichkeit in afrikanischen und vorderasiatischen Ländern nicht kennt, kann sich wundern oder empören, dass Menschen von dort mit Smartphones in der Hand hier ankommen. In den Herkunftsländern der Einwanderer sind diese Geräte gerade deshalb so beliebt und verbreitet, weil sie auch ohne – viel teureren – Computer den Zugang zum Internet ermöglichen. Da herkömmliche Telefonnetze meist lückenhaft und Anschlüsse für viele unerschwinglich waren und bleiben, sind die arabischen Gesellschaften und andere Entwicklungsländer direkt ins Mobilzeitalter getreten. Man telefoniert dort mit den Geräten eher selten, um Gebühren zu sparen, sondern nutzt kostenlose Instant-Messaging-Anbieter wie Whatsapp.

Das Internet als Kommunikationsmittel war in vorderasiatischen Gesellschaften auch schon vor der Einführung von Smartphones beliebt. Gerade im Iran ist es allerdings stark zensiert. Viele Websites aus dem Westen, vor allem pornografische Angebote, sind gesperrt. Syrien war ein sehr internetfreudiges Land, mit Unterstützung von Präsident Baschar al Assad, was zu Anfang seiner Herrschaft als Signal der Öffnung gedeutet wurde. Wer sich einen Computer leisten konnte, nutzte ihn vor allem zum Chatten mit Verwandten, gerade mit jenen, die ausgewandert waren. „In arabischen Ländern haben sich familiäre Bande und traditionelle Strukturen ins Netz verlagert“, sagt Jula. Das Internet erlaubt arabischen Familien, über Grenzen hinweg zusammenzuhalten.

Das taugen preiswerte Smartphones
Archos 50 Censium Quelle: PR
Huawei Y6 Quelle: PR
LG Bello Quelle: PR
Microsoft Lumia 550 Quelle: PR
Wiko Pulp Quelle: PR
ZTE Blade L6 Quelle: PR
c't Test 2016 Quelle: PR

Erschwingliche Smartphones haben die Zugangsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren nun für den großen Teil der Bevölkerung ermöglicht. Die Geräte, die in Afrika oder dem Nahen Osten verkauft werden, sind dort meist deutlich günstiger zu erwerben als in Europa. Außerdem bieten viele Hersteller abgespeckte Versionen der in wohlhabenden Ländern verkauften Geräte an oder sind wie der chinesische Hersteller Xiaomi ganz auf Billig-Geräte für Entwicklungsländer spezialisiert.  Der Netzwerkausrüster Cisco prognostizierte im vergangenen Jahr, dass bald jeder zweite Internetnutzer im Nahen Osten ein Smartphone nutzen wird.

Bezahlt wird immer im voraus

Aus finanziellen Gründen haben nur die wenigsten Menschen in den muslimischen oder afrikanischen Herkunftsländern einen festen Vertrag mit einem Mobilfunk-Anbieter. Prepaid-Cards, also im Voraus bezahlte Sim-Cards mit begrenztem Nutzungsvolumen, sind die Regel. Erst Recht für diejenigen, die sich mit ihrem Mobiltelefon auf den Weg nach Europa machen und kein Konto besitzen. Gelegenheit zum Kauf gibt es überall auf den üblichen Migrationsrouten. Ausreichend Bargeld für den Kauf dieser Prepaid-Cards in den Durchgangsländern und dann in Deutschland zu haben, hat Priorität. Ebenso, sich darüber zu informieren, welche Angebote die günstigsten und passendsten sind. In allen Transit- und Zielländern hat sich mittlerweile ein großer Markt an entsprechenden Anbietern entwickelt. In Griechenland, berichtet Jula, versorgten sich die meisten Syrer mit Prepaid-Cards, die in ganz Europa funktionieren.

Viele Anbieter sind ganz auf Einwanderer spezialisiert. Einige davon kommen direkt von den Netzbetreibern, doch die günstigsten kommen von spezialisierten Prepaid-Discountern wie Blauworld, Lebara oder Lycamobile. Für Deutschland hat Stiftung Finanztest mittlerweile Tabellen mit Tarifen von Prepaid-Anbietern erstellt, geordnet nach den jeweils günstigsten Bedingungen für die Kontaktaufnahme ins Herkunftsland.

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