Elbvertiefung Letzte Runde für den Hamburger Hafen

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Die EU-Richtlinie ist unklar formuliert

Es geht um einiges: Die Fahrrinne in der Elbe soll sowohl breiter als auch tiefer werden. Denn große Schüttgutschiffe verstopfen bislang die Elbe, weil sie bislang nicht aneinander vorbei passen. Schwer beladene große Containerschiffe können den Hafen nur innerhalb eines Zeitfensters von 30 Minuten verlassen, wenn die Flut am höchsten steht. Zudem müssen Container-Riesen zunächst einen Teil ihrer Ladung in Rotterdam löschen, bevor sie die Elbe hinauffahren können.

Anschließend werden sie neu beladen – allerdings wieder nur halb voll, um dann in Rotterdam weitere Ladung aufzunehmen, bevor sie nach Asien weiterfahren. Nach der Elbvertiefung könnten sie komplett in Hamburg beladen werden – und der Marktanteil des Hamburger Hafens wieder steigen. Der Nutzen ist also klar – zumindest für die Hafenwirtschaft.

Das Gericht hat deshalb jetzt zu prüfen, ob der Beschluss der Verwaltung zur Vertiefung korrekt ist. Und obwohl es – anders als bei der im August von den Leipziger Richtern wegen planerischer Fehler abgeschmetterten Weservertiefung – im Grunde gut aussieht für die Genehmigungsbehörden, zieht sich der Prozess. Offiziell verbreitet Wirtschaftssenator Horch Optimismus: Ein Scheitern der Vertiefung sei ausgeschlossen, es gehe nur noch um das Wann.

von Jacqueline Goebel, Saskia Littmann

Der Politiker schreibt sich eine umfangreiche Bürgerbeteiligung in 142 Gemeinden von Hamburger Festsälen bis zu Cuxhavener Kneipen-Hinterzimmern zugute – eine Lehre auch aus Stuttgart 21. Tatsächlich sind die anfänglichen Bürgerproteste nach drei Plan-Nachbesserungen fast verstummt.

Die Hafenwirtschaft sieht bei dem Großprojekt sogar einen Umweltnutzen: Weil der Hamburger Hafen nah an den osteuropäischen Märkten und recht weit im Inland liegt, spart der Seetransport bis Hamburg etliche Straßen- oder Schienenkilometer. Und die Schiffe verbrauchen viel weniger Erdöl je Containerkilometer. Zudem hängen viele Jobs in Logistik und Industrie mittelbar am Hamburger Hafen-Cluster.

Das Problem für die Leipziger Richter: Die EU-Richtlinie ist unklar formuliert. Aus dem rund 70 Seiten langen Text geht nicht eindeutig hervor, wann ein Gewässer als relevant verschlechtert gilt. Das kostete in der Frage der Elbvertiefung – und der Weservertiefung – viel Zeit: Schließlich mussten die Leipziger Richter den Europäischen Gerichtshof um eine Klarstellung bitten. Das Ergebnis fiel strenger aus, als die Hamburger Planer erwartet hatten – aber weniger streng, als von den Umweltverbänden erhofft.

Die Planer hatten gehofft, in einem sowieso schon belasteten Gewässer viel Spielraum zu haben. Die Umweltverbände wollten hingegen jegliche Minimal-Verschlechterung untersagt wissen. Herausgekommen ist, dass eine differenzierte Betrachtung nach fünf Kategorien – etwa biologischer oder chemischer Zustand – nötig ist, die sich jeweils nicht um eine definierte Qualitätsstufe verschlechtern dürfen. Leichte Verschlechterungen innerhalb einer Qualitätsstufe sind laut EuGH jedoch akzeptabel.

Mit neuen Untersuchungen wollen die Planer nachweisen, dass es tatsächlich keine Verschlechterung um eine Qualitätsstufe gibt – in keiner Kategorie. Damit wäre die Baumaßnahme nach Maßgabe des EuGH erlaubt. Der Anwalt der Umweltverbände, Rüdiger Nebelsiek, will dagegenhalten: Er will erneut Zweifel an wichtigen Grundannahmen der Planer wecken – und an Details.

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