Elbvertiefung Ein Triumph mit Nachgeschmack

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Übertriebene Schätzungen

Was also würde aus Hamburg ohne Elbvertiefung? „Bei einem Stopp machen wir den Hafen nicht morgen zu“, sagt Horch nach kurzem Zögern. Aber dann holt er zu einer längeren Antwort aus, an deren Ende klar ist, was er eigentlich sagen will: Hamburg ist 800 Jahre lang mit Schifffahrt und Handel groß und wohlhabend worden – und ohne die Fahrrinnenanpassung würde diese Wachstumsgeschichte langsam enden.

150 000 Jobs im Großraum Hamburg wären bedroht, deutschlandweit gar eine halbe Million.

Nur Hamburg verliert: Anzahl der umgeschlagenen Container. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Was Horch aber nicht sagt, ist: Schon die Arbeitsplatzzahlen, mit denen die Verfechter der Elbvertiefung hantieren, sind umstritten. Denn zur Wahrheit gehört auch: Die Anzahl der Arbeitsplätze, die direkt am Containerumschlag hängen, ist nicht besonders groß. So beschäftigt die Hamburger Hafengesellschaft in Hamburg nur gut 3500 Mitarbeiter. Und diese Zahl hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert, obwohl sich die Menge der umgeschlagenen Container verdoppelte. Die Schätzungen über die indirekten Arbeitsplatzeffekte sind derweil reichlich spekulativ.

Gewinner und Verlierer der Containerschifffahrt

Das allein wäre für einen Volkswirt wie Henning Vöpel, Direktor beim Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), allerdings noch kein Grund, Investitionen in den Hafen skeptisch zu sehen. Aber: „Die Elbvertiefung lohnt auf Sicht der nächsten zehn Jahre. Langfristig aber braucht der Hafen ein ganz anderes Konzept“, sagt er und beruft sich auf eine Studie der Welthandelsorganisation WTO. Dass es überhaupt eine Nachfrage nach den neuen Riesenschiffen gibt, liegt allein an einem gnadenlosen Wettrennen zwischen den großen Reedereien der Welt. Obwohl die Menge der weltweit transportierten Container nicht zunimmt, werden die Schiffe immer größer, um die Kosten immer weiter nach unten zu drücken. Das heißt für die Hafenbetreiber: Sie müssen viel Geld in immer größere Verladeterminals investieren, um im besten Falle ihre Umsätze zu halten. „Die Bedeutung von Häfen ist immer relativ“, sagt Vöpel. „Wenn Reedereien sich für ein Hafendrehkreuz entscheiden, dann ist nicht unbedingt die absolute Umschlagmenge entscheidend, sondern die Position gegenüber konkurrierenden Häfen.“ Deshalb ist Vöpel sich mit dem Hafensenator Horch in der Analyse durchaus einig: Hätte man die Elbe an ihr altes Bett gefesselt, der Hafen würde gegenüber den beiden großen Konkurrenten Antwerpen und Rotterdam an Umschlag verlieren.

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