Der kräftige Energiepreisanstieg sorgt dafür, dass sich die umfassende Sanierung von Wohngebäuden flächendeckend rentieren kann. Bei einem Einfamilienhaus aus den Achtzigerjahren würden Dämmung und eine moderne Heizung die Energiekosten von durchschnittlich 8400 auf 8000 Euro im Jahr 2030 senken – bei einem gleichzeitigen Rückgang der Kohlendioxyd-Emissionen um 75 Prozent. Zu dem Ergebnis kommt das Münchner Forschungsinstitut für Wärmeschutz in einer Studie, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt. Beim Mehrfamilienhaus mit sechs Parteien aus den sechziger Jahren würden die Energiekosten von 16.400 auf 15.000 Euro und die Emissionen um 87 Prozent sinken.
KfW-55-Standard
Bei seinen Berechnungen geht das Institut von 15 Prozent höheren Energiekosten als 2020 aus und einer – üblichen - staatlichen Förderung von 30 Prozent. Außerdem handelt es sich bei den Beispielen um Komplettsanierungen mit Außendämmung, Fenstern und effizienter Energiequelle nach dem gängigen KfW-55-Standard. Genannt werden die Jahresgesamtkosten, nicht alleinige Energiekosten. Es sind zudem die Kosten für ein Einfamilienhaus, wie sie im Jahr 2030 anfallen (nicht heute). In der Studie heißt es: „Aus Investitionskosten, Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie den Energiekosten lassen sich die Jahresgesamtkosten bestimmen." Bei den beiden 2045-zielkonformen Komplettmodernisierungsoptionen lägen diese - berechnet auf Basis von 2020 - zwischen 6700 und 7600 Euro jährlich - und damit deutlich über denen des unsanierten Status quo (ca. 4400 Euro). Durch die stärker steigenden Energiekosten verringere sich dieser Abstand zwischen dem Ausgangszustand und den Vollmodernisierungen und drehe sich bis 2030 um. Weiter heißt es: "Beide Vollmodernisierungsvarianten führen im Jahr 2030 zu niedrigen Jahresgesamtkosten.“ Durchgeführt hat die Studie Andreas Holm, Professor für Bauphysik und energieeffizientes Bauen an der Hochschule München und Leiter des Forschungsinstituts für Wärmeschutz. Das Institut wurde vor über 100 Jahren von Dämmstoffunternehmen gegründet und arbeitet heute unter anderem für das Bundeswirtschaftsministerium und ist eine Zertifizierungsstelle für Baustoffe. Die Studie entstand im Auftrag des Bundesverbandes energetische Gebäudehülle (BuVEG).
Fehlende Sanierungstiefe
Viele Hauseigentümer sollten nun eine energetische Sanierung neu durchkalkulieren. „Derzeit befinden sich sechs bis sieben Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser von 19 Millionen Wohnhäusern in einem schlechten energetischen Zustand“, sagt Jan Peter Hinrichs, BuVEG-Geschäftsführer. Mehrfamilienhäuser seien dagegen zwar insgesamt in einem besseren Zustand, weil sie professioneller bewirtschaftet würden. Allerdings seien hier Sanierungsmaßnahmen kostspieliger, weil bei früheren Maßnahmen oft nicht die erforderliche Sanierungstiefe erreicht worden sei.
75 bis 87 Prozent weniger Emissionen
Aus Sicht des Klimaschutzes wären energetische Sanierungsmaßnahmen ohnehin ein substanzieller Beitrag, meint der Wissenschaftler Holm: „Die Emissionen sinken bei einer umfassenden Sanierung bei Einfamilienhäusern um 75 Prozent und bei Mehrfamilienhäusern sogar um 87 Prozent.“
Gleichwohl stellt sich gerade für ältere Hauseigentümer die Frage, ob sich für sie teure Investitionen noch rentieren, wenn sie die Kosten erst nach einigen Jahren über niedrigere Energieausgaben reinspielen.
Lohnt sich das noch für ältere Eigentümer?
Dazu sagt BuVEG-Geschäftsführer Hinrichs: „Es geht hier um Nachhaltigkeit und letztlich ein Investment für die Nachkommen.“ Schließlich würden Sanierungsmaßnahmen nicht nur zu geringeren Energiekosten führen, sondern auch zu Wertsteigerungen der Immobilien um rund 23 Prozent laut Immoscout. Aber auch hier könnte die Politik noch Anreize schaffen, so Hinrichs, und darüber nachdenken, ob Häuser mit guten energetischen Werten nicht bei der Erbschaftsteuer durch einen niedrigeren Steuersatz begünstigt werden. Schließlich seien sie ja auch teurer als unsanierte Immobilien.
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