Energiepolitik Im Streit um die Förderung von 10.000 KWK-Anlagen zeichnet sich eine Lösung ab

Monatelang mussten die Betreiber von Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung um die Rentabilität ihrer Anlagen bangen. Nun soll damit Schluss sein.

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Die EU hatte die Förderung der Anlagen in Deutschland moniert. Quelle: Westend61/Getty Images

Berlin Den Durchbruch brachte ein Treffen von Peter Altmaier und Margrethe Vestager am Montag. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums erzielten der Minister und die EU-Kommissarin eine „Grundsatzeinigung“, die allerdings noch unter dem Vorbehalt einer abschließenden Entscheidung durch die EU-Kommission steht.

Der sich abzeichnende Kompromiss sieht so aus: Die Reduzierung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gilt für hocheffiziente Neuanlagen mit Kraft-Wärme-Koppelung (KWK), die nach August 2014 in Betrieb gingen, auch in Zukunft. Allerdings ist er begrenzt auf Anlagen mit einer Größe bis zu einem Megawatt (MW) sowie auf Anlagen über zehn MW.

Sie zahlen auch in Zukunft nur 40 Prozent der EEG-Umlage. Für Anlagen zwischen einem und zehn MW entfällt die Privilegierung. Eine Ausnahme gilt für Anlagen der stromintensiven Industrie: Sie profitieren unabhängig von der Größe von der Reduzierung der Umlage. Für die übrigen KWK-Neuanlagen bleibt es bei 40 Prozent der EEG-Umlage, sofern die Anlagen weniger als 3500 Vollbenutzungsstunden im Jahr aufweisen.

Damit endet eine über vier Monate währende Phase der Unsicherheit. Bis Ende des vergangenen Jahres war für Betreiber hocheffizienter KWK-Anlagen, die ab dem 1.August 2014 in Betrieb gegangen waren, die Welt noch in Ordnung. Auf selbst verbrauchten Strom wurden nur 40 Prozent der EEG-Umlage fällig. Ein Privileg, das die Anlagen rentabel machte. Doch die EU-Kommission hatte durchgesetzt, dass die Bundesregierung die Privilegierung bis Ende 2017 befristen musste.

Seitdem bemühte sich die Bundesregierung bei der EU-Kommission, eine Verlängerung der Ausnahmeregelung durchzusetzen. Altmaier und Vestager kamen nun einen entscheidenden Schritt voran. Man habe „eine gute Verständigung beim Thema Eigenversorgung bei KWK-Neuanlagen erzielt“, sagte Altmaier. Das sei ein „wichtiges Ergebnis für die deutschen Unternehmen“, sagte der Minister.

Allerdings sind nicht alle Unternehmen gleichermaßen zufrieden mit dem Kompromiss. So hatte etwa die Chemieindustrie gefordert, Anlagen bis zu einer Größe von zwei MW auch künftig komplett zu privilegieren. Da die Grenze aber nun bei einem MW liegen soll, fallen gerade in der Chemieindustrie viele Anlagen aus der Privilegierung. Sie dürften sich dann mitunter nicht mehr rentabel betreiben lassen.

Das wiederum könnte dazu führen, dass die betroffenen Unternehmen auf die Eigenproduktion von Strom verzichten und den Strom künftig von außen einkaufen. In vielen Fällen dürfte der von außen eingekaufte Strom klimaschädlicher produziert sein als in den hocheffizienten KWK-Anlagen.

Der Chemieverband VCI reagierte allerdings dennoch positiv auf die sich abzeichnende Lösung: „Dieser Verhandlungserfolg der Bundesregierung stärkt das Vertrauen in Investitionen. Für Klimaschutz und Versorgungssicherheit in der Industrie ist die effiziente Eigenversorgung mit KWK unentbehrlich“, sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann dem Handelsblatt.

KWK-Anlagen sind konventionellen Kraftwerken hinsichtlich des Wirkungsgrades überlegen: Während in konventionellen Kraftwerken Strom erzeugt wird, die dabei entstehende Wärme aber meist ungenutzt verpufft, wird bei KWK-Anlagen die Wärme für das Heizen von Gebäuden oder für industrielle Prozesse genutzt. KWK-Anlagen verwerten die eingesetzte Energie daher besonders effizient.

Man habe gemeinsam mit der Kommission „einen klassischen Kompromiss erzielt“ und damit für Rechtssicherheit und Bestandsschutz gesorgt, sagte Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Wichtig ist, dass keine Anlage aufgrund der ausverhandelten Eigenstromregelung aus dem Markt gedrängt wird“, sagte der Staatssekretär. Johann Saathoff, energiepolitischer Koordinator der SPD-Bundestagsfraktion, sagte, mit der Einigung sei „ein guter Kompromiss gefunden zwischen den Wettbewerbsbedenken der Kommission und nicht zu starken Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen“.

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