Energiewende Windkraft entzweit Waldbesitzer

Ein Brief offenbart die Zerrissenheit der Windbranche: 23 Waldbesitzer raten in dem Schreiben davon ab, Windräder zu bauen. Den Appell haben auch Prominente Waldbesitzer wie Enoch Freiherr zu Guttenberg unterzeichnet.

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Waldbesitzer kritisieren, dass der mit immensem Aufwand betriebene Ausbau der Windkraft nur kümmerliche Ergebnisse bringe. Quelle: dpa

Berlin Die Verfasser geben sich reumütig. Sie räumen ein, auch sie hätten sich in der Vergangenheit Gedanken darüber gemacht, selbst Windräder in ihren Wäldern zu bauen oder anderen die entsprechenden Flächen zu verpachten. Die Idee erscheine „zunächst sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht heraus äußerst reizvoll“, heißt es in dem Brandbrief der 23 Waldbesitzer, der dem Handelsblatt vorliegt.

Doch die Verfasser des Briefes sind inzwischen zu einem ganz anderen Urteil gekommen: Der Bau von Windrädern im Wald sei ein Irrweg, „dem die Rechtfertigung fehlt, der dem Klima nicht hilft, der Volkswirtschaft schadet, die Gesellschaft spaltet“. Außerdem berge er „erhebliche Risiken und Gefahren nicht zuletzt für die Pächter und Betreiber selbst“.

Unterzeichner sind zum Teil prominente Waldbesitzer, darunter Enoch Freiherr zu Guttenberg, der Vater des früheren Bundeswirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Ebenso unterschrieben haben den Brief Karl Georg Graf zu Solms-Laubach, Ferdinand Fürst von Hohenlohe-Bartenstein und Leopold Graf zu Douglas.

Ihrem zweiseitigen Schreiben, das die Verfasser eine „Schrift zur Aufklärung von Waldbesitzern für Waldbesitzer“ nennen, hängen mehrere Seiten an, die sich wie eine Abrechnung mit der Energiewende-Politik der vergangenen Jahre lesen.

Die Verfasser kritisieren, dass der mit immensem Aufwand betriebene Ausbau der Windkraft nur kümmerliche Ergebnisse bringe: Die Windkraft decke „gerade einmal winzige 2,3 Prozent unseres Gesamtenergiebedarfs“, schreiben sie unter Bezugnahme auf aktuelle Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen. Dafür werde eine erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in Kauf genommen.

Das Geschäftsmodell, das hinter dem Bau und Betrieb von Erzeugungsanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stehe, sei „ethisch nicht mehr vertretbar“. Es sei von den „ausschließlichen Profitinteressen auf Subventionen getrieben“. Verlierer dieser Politik seien die private Stromverbraucher und alle Unternehmen, die die EEG-Umlage bezahlten. Dahinter verberge sich „eine der größten Umschichtungen in der deutschen Gesellschaft durch staatliches Handeln seit der Feudalzeit“, heißt es weiter.

Für Waldbesitzer ist die Windkraft erst seit wenigen Jahren ein Thema. In den ersten Jahren seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 hatte sich der Bau von Windrädern vor allen Dingen auf die Küstenregionen Deutschlands fokussiert, wo die Winderträge besonders hoch sind. Mittlerweile verfolgen aber auch die Bundesländer in der Mitte und im Süden Deutschlands ehrgeizige Ausbauziele. So werden auch waldreiche Regionen in Ländern wie Hessen, Baden-Württemberg oder Bayern für die Errichtung von Windrädern interessant. Zwar ist dort die Windausbeute nicht so hoch. Dafür kann man aber dem Ungleichgewicht bei der Stromproduktion entgegenwirken: Die Stromerzeugung hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter in den Norden Deutschlands verlagert. Das wiederum macht den Ausbau von Stromleitungen erforderlich, mit denen der Strom in die Verbrauchszentren im Süden geleitet wird. Der Bau von Windrädern im Süden soll den Netzausbaubedarf reduzieren, so das Kalkül der Politik.

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