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Energiewirtschaft Atomenergie soll Haushaltsloch stopfen

Finanzminister Wolfgang Schäuble erwartet durch neue Abgabenlasten für die Energiewirtschaft eine jährliche Haushaltsentlastung in Milliardenhöhe. Die Versorger protestieren.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Quelle: dpa

Die Suche der schwarz-gelben Koalition nach neuen Geldquellen dauerte nicht lange. Schnell landete ihr Augenmerk bei der Energiewirtschaft. Die Brennelementesteuer war die erste Idee, die auf wütende Reaktionen in den Vorstandsetagen der großen Energiekonzerne stieß. Dort sahen sich die Manager ein weiteres Mal gegenüber ihrer europäischen Konkurrenz, vor allem gegenüber der staatlichen französischen EdF, arg benachteiligt. Wenn auch die Brennlementesteuer nicht direkt mit dem Wunsch nach Laufzeitverlängerungen der Kernkraftwerke zusammenhängt, so hat sich dennoch in den Köpfen der Politiker festgesetzt, dass es bei der Energieindustrie etwas zu holen ist - quasi als Gegenleistung für den Ausstieg aus dem Atom-Ausstiegsgesetz.

Noch bevor man sich über die Laufzeiten verständigt hat, reifen die Steuer- und Abgabepläne der Koalition. Finanzminister Schäuble hat sich, so schreibt es jedenfalls die "Süddeutsche Zeitung", mit allen Modellen einverstanden erklärt, sofern sie dem Haushalt pro Jahr 2,3 Milliarden Euro bringen.

Energiekonzerne früchten den "worst case"

Damit nicht genug. Es sollen noch andere Abgaben hinzukommen. Daran wird jetzt gebastelt. Gut fünf Milliarden Euro sollen insgesamt als Steuer- und Abgabelast auf die Energiewirtschaft hinzukommen. Diese könnten simpel als Zuschläge auf die Stromsteuer einfach draufgepackt werden, oder die Koalition erfindet neue Steuern, zusätzlich zu der Brennelementesteuer.

Ein Strategievorstand eines großen deutschen Versorgers befürchtet, dass es auch eine Uran-Steuer und eine Entsorgungssteuer geben könnte. Sogar eine "Castor-Steuer" wäre nach diesen internen Worst-Case-Szenarien in der Versorgerbranche nicht mehr auszuschließen. In der Öffentlichkeit wären solche Steuern keineswegs unpopulär. Die Energiewirtschaft gilt als reich, ihr Geschäft mit der Kernkraft als "belastungswürdig", wie es ein Energiemanager bedauernd und etwas bitter formuliert.

Notkasse der Politik

Gegen einige Steuerideen könnten sich jetzt die Hausjuristen der Energiekonzerne, auch in Brüssel, in Position bringen. Nach der Energiesteuer-Richtlinie der EU sind sogenenannte Input-Steuern nicht statthaft. Input-Steuern sind solche Belastungen, die auf Teile und Verfahren des Stromerzeugungsbetriebs draufgesattelt werden. Out-put-Steuern sind solche, die auf den Strompreis erhoben werden. "Beides zusammen geht nicht", sagt ein Jurist eines Energieversorgers.

Zuständig dafür ist der europäische Steuerkommissar Algirdas Semeta, der sich bisher dazu noch nicht explizit geäußert hat. Aber eines hat er bereits klargestellt: Dass er sich zum Beispiel eine Kohlendioxidsteuer vorstellen kann. Auch Emissionssteuern aller Art wären denkbar, das würde neben der Brennelemente-Steuer für Atomkraftwerke vor allem die Braunkohlekraftwerke von Vattenfall und RWE betreffen und Gaskraftwerke wirtschaftlicher machen.

Das liegt im Trend. Bei der Gasversorgung ist die Politik besonders gefragt, weil riesige Pipelinevorhaben, wie sie beispielsweise das Röhrensystem Nabucco in den Vorderen Orient darstellen, nicht ohne Intervention und nicht ohne aktive Hilfe der Außenpolitik durchgesetzt werden können. Auch tritt die Energiewirtschaft als Anhängsel der Politik auf. Und einmal mehr sieht sich die Branche im Fadenkreuz der Politik. Sie ist die Notkasse für Finanzpolitiker, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Defizite vermindern sollen. Folge: Strom wird noch teuer. Dies wird am Ende wiederum der Privatkunde zu spüren bekommen, der sein ganz persönliches Haushaltsloch, seine Mehrbelastung, nirgendwo mehr abwälzen kann.

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