
Patienten müssen ab Januar keine Praxisgebühr mehr bezahlen. Alle 548 anwesenden Abgeordneten des Bundestages votierten am Freitag für das Ende der Zehn-Euro-Abgabe. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sprach von einem "einmaligen Ergebnis". "Ich glaube, es geht Ihnen so wie mir, das habe ich noch nie erlebt im Deutschen Bundestag, also eine Premiere", sagte er.
Die Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal wird seit 2004 bei Arztbesuchen erhoben und bringt rund zwei Milliarden Euro im Jahr. Die Summe sollen die Krankenkassen nun aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Angedockt wurde das Vorhaben an ein Gesetz zum Assistenzpflegebedarf.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte das Aus der Gebühr vor der Abstimmung als eine spürbare Entlastung für die Patienten und ein Beitrag zum Bürokratieabbau bezeichnet. Arzt und Patient würden zukünftig wieder mehr Zeit füreinander haben, sagte Bahr. Dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend findet das Ende des Praxisgebühr mit 88 Prozent große Zustimmung in der Bevölkerung.

Zuvor hatte der Bundestag am Freitag bereits grünes Licht für die Einführung des umstrittenen Betreuungsgeldes zum 1. August 2013 gegeben. Für das von der CSU forcierte Projekt stimmten 310 Abgeordnete, 282 lehnten es ab, zwei enthielten sich. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach von einem "fatalen Rückschritt" für Deutschland, den die SPD nach einem Regierungswechsel unverzüglich beheben werde. Insbesondere den Liberalen warf er ein "Höchstmaß an Selbstverleugnung" vor.
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Der ehemalige Finanzminister kündigte an, eine rot-grüne Regierung würde als eine der ersten Amtshandlungen das Betreuungsgeld wieder rückgängig machen. Das Gesetz werde daher die kürzeste Halbwertzeit in der Geschichte der Bundesrepublik haben. Die Linkspartei stellte dafür ihre Unterstützung in Aussicht. Die Opposition prüft zugleich eine Verfassungsklage.
Die wichtigsten Antworten zum Betreuungsgeld
Das Betreuungsgeld soll zum 1. August 2013 starten, zeitgleich zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für unter dreijährige Kinder.
Im ersten Jahr soll es 100 Euro und vom 1. August 2014 an 150 Euro im Monat betragen.
Das Geld kann für Kinder beantragt werden, die nach dem 31. Juli 2012 geboren wurden. Ausgezahlt wird es an Eltern, die ihre ein- und zweijährigen Kinder zu Hause erziehen und somit nicht vom Kita-Ausbau profitieren. Auch Berufstätige sollen das Geld beziehen können, wenn sie für ihr Kind keine öffentlich geförderte Betreuung oder eine kommunal bezuschusste Tagesmutter in Anspruch nehmen. Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe profitieren nicht, da das Betreuungsgeld hier angerechnet wird. Das Betreuungsgeld wird nicht parallel zum 14-monatigen Elterngeld ausgezahlt. Es ist daher auf 22 Monate begrenzt.
Die Kosten werden für 2013 mit 55 Millionen statt ursprünglich 300 Millionen und für 2014 mit 680 Millionen Euro statt der bisher veranschlagten 1,2 Milliarden Euro beziffert.
Kritiker bemängeln, dass gerade diejenigen Kinder vom Besuch einer Kita abgehalten werden könnten, die eine frühkindliche Bildung besonders nötig hätten. Zudem würden Frauen dazu angehalten, eine Berufstätigkeit zurückzustellen. Beim Betreuungsgeld handele es sich daher um eine "Fernhalteprämie". Auch als "Herdprämie" für Mütter wird die Leistung verspottet. Weiter führen Gegner an, das Geld könne für den Ausbau von Krippenplätzen sinnvoller eingesetzt werden. Die Befürworter halten entgegen, erst mit dem Betreuungsgeld werde für Eltern echte Wahlfreiheit geschaffen, sich für ein Familienmodell zu entscheiden.
Durch ein weiteres geplantes Gesetz sollen Eltern die Möglichkeit erhalten, anstelle einer Barauszahlung das Betreuungsgeld auch für ihre private Altersvorsorge oder zum Bildungssparen für ihr Kind zu nutzen. Eltern, die sich für eine dieser beiden Varianten entscheiden, sollen zusätzlich einen Bonus von 15 Euro pro Monat erhalten. Allerdings müssen zu diesen Wahlmöglichkeiten noch zentrale Details geklärt werden.
Das Betreuungsgeld soll an Eltern gezahlt werden, die ihre ein- und zweijährigen Kinder zu Hause erziehen und somit nicht vom Kita-Ausbau profitieren. Im ersten Jahr beträgt die Leistung 100 Euro und von August 2014 an 150 Euro im Monat. Das Geld kann für Kinder beantragt werden, die nach dem 31. Juli 2012 geboren wurden.