Erbschaftsteuer-Reform Koalition verpasst Frist des Verfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht verlangt eine Reform der Erbschaftsteuer, doch die Koalition kann sich nicht einigen. Die Frist des Gerichts muss die Regierung nun formal verstreichen lassen. Unternehmer machen Druck.

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Ein Spitzentreffen zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, l) dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU, r) und SPD-Chef Sigmar Gabriel brachte keinen Durchbruch. Quelle: dpa

Berlin Die Koalition hat die dringende Reform der Erbschaftsteuer erneut vertagt. Ein weiteres Spitzengespräch von Finanzminister Wolfgang Schäuble, SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer brachte am Donnerstag keinen Durchbruch. Im Kern dreht sich der monatelange Streit um die künftigen Steuerprivilegien von Betriebserben. Am Wochenende solle weiterverhandelt werden, hieß es im Regierungsbündnis. Gelingt auf den letzten Drücker kein Durchbruch, droht die Koalition die Ende Juni endende Frist des Bundesverfassungsgerichts für eine Neuregelung zu reißen – die Wirtschaftsverbände warnen bereits vor negativen Folgen.

„Wir werden uns am Wochenende einig. Es geht noch um Formulierungen“, zeigte sich ein Koalitionsvertreter nach dem Dreiergespräch optimistisch. Ein anderer Insider sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Wir sind einer Einigung sehr nahe.“ Ziel sei es, den Koalitionsfraktionen am Montag einen Kompromiss vorzulegen. Um die Frist des Bundesverfassungsgerichts wenigstens einigermaßen einzuhalten, müsste der Bundestag kommende Woche den Reform-Gesetzentwurf verabschieden. Der Bundesrat tagt regulär erst wieder am 8. Juli. Verspätet im Gesetzesblatt stehen dürfte die Reform deshalb auf jeden Fall.

Das Gericht hatte bereits Ende 2014 die Sonderregelungen für Betriebserben als zu weitreichend gekippt. Eine Einigung in der Koalition auf eine Neufassung des Gesetzes stand bereits im Februar, danach legte sich die CSU allerdings wieder quer. Sie will der Wirtschaft weiter entgegenkommen und hat dabei vor allem große Familienunternehmen im Blick. Aus Schäubles Sicht ist allerdings kaum noch verfassungsrechtlicher Spielraum vorhanden. Auch die SPD sieht diesen bereits ausgereizt.

Dem höchsten Gericht zufolge dürfen Firmenerben auch künftig bis zu 100 Prozent von der Steuer verschont werden, wenn sie den Betrieb und dessen Arbeitsplätze erhalten. Vor allem bei großen Betriebserbschaften müsse aber geprüft werden, ob nicht wenigstens ein Teil der Steuerschuld beglichen werden könne.

Verstreicht der 30. Juni ohne eine Reform, bedeutet das nach früheren Angaben des Bundesverfassungsgerichts nicht automatisch, dass die Steuer nicht mehr erhoben werden könnte. Auch könnten die eigentlich gekippten Verschonungsregeln für Betriebserben weiter angewendet werden. Allerdings könnte ein Finanzgericht bei einer Klage gegen einen Steuerbescheid die Sache sofort zur Kontrolle in Karlsruhe vorlegen. In einem weiteren Urteil könnte das oberste Gericht dann die Privilegien für Betriebserben zu einem bestimmten Datum außer Kraft setzen. Wegen dieses Szenarios machen die Wirtschaftsverbände Druck, dass sich die Koalition endlich auf eine Steuerreform einigt.

Nach Angaben aus dem Regierungsbündnis stehen die Eckpfeiler der Reform. Allerdings hake es noch an wichtigen Einzelheiten wie der Frage, wie mit Barmitteln von Betrieben umgegangen wird.

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