Es ist ein Ritual. Jedes Jahr im März beschäftigen sich die 27 Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel mit dem Thema Wettbewerbsfähigkeit.
Jedes Mal geloben die Beteiligten die Standortbedingungen für Unternehmen in Europa zu verbessern. Und genauso verlässlich werden in den kommenden zwölf Monaten Verordnungen und Richtlinien erlassen, die Europa im internationalen Wettbewerb zurückfallen lassen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat Europas wirtschaftlichen Abstieg Anfang des Monats eindrücklich vorgeführt bekommen.
Konzernlenker vom European Round Table of Industrialists legten ihr eine Grafik vor, in der Europas weltweiter Anteil an der Wertschöpfung in der Industrie in den vergangenen 20 Jahren steil abstürzt. Von der Leyen gab sich nachdenklich und leitete die Grafik an ihre Beamten weiter.
Doch es ist unwahrscheinlich, dass daraus Konsequenzen folgen. Mit den Nachhaltigkeitsstandards für Berichtspflichten arbeitet die EU-Kommission schon am nächsten Regulierungsmonster. 1000 zusätzliche Informationen sollen europäische Unternehmen künftig nachhalten, um zu demonstrieren, wie grün und nachhaltig sie sind. Alle Unternehmen ab 250 Mitarbeitern sollen die Work-Life-Balance entlang ihrer Wertschöpfungskette ausweisen – selbst wenn sie nicht an der Börse notiert sind.
Wer sich so etwas ausdenkt, hat Wirtschaft nicht verstanden. Und wer sich so etwas ausdenkt, sollte sich nicht wundern, wenn Unternehmen abwandern. Europa kann nur florieren, wenn alle Entscheider das Thema Wettbewerb endlich ernst nehmen. Wohlwollende Worte in Kommuniqués helfen niemandem weiter.
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