
Ein Gastaufgebot wie dieses gilt unter Wahlkampfstrategen als geradezu ideale Formation. Es transportiert Wichtigkeit, Geschäftigkeit und noch dazu tatkräftige Besorgnis. Alles Botschaften, deren Dosis in Wahlkampfzeiten gar nicht hoch genug eingestellt sein kann. Im Informationssaal des Kanzleramtes sitzt also Angela Merkel am Mittwochabend neben Jose Manuel Barroso, Herman Van Rompuy, Martin Schulz, Francois Hollande, Ursula von der Leyen und Dalia Grybauskatie.
Grybauskaite wer? Die litauische EU-Ratspräsidentin, die bei weitem Unbekannteste auf dem Podium, wird sich mit einfachen, klaren Worten wohltuend abheben vom Wir-müssen-und-wir-werden-handeln-Sound, der sonst gleich mehrfach wiederholt wird. Aber dazu später.
Seit Wochen war klar, dass der 3. Juli in Berlin ganz im Zeichen der Jugendarbeitslosigkeit stehen würde, genauer gesagt: im Kampf gegen sie. Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen reiste emsig als Chefbotschafterin der dualen Ausbildung in Europa hin und her, es gab Vortreffen und Konferenzen unter anderem in Paris und Madrid. Dieser Mittwoch in Berlin sollte nun vor allem einem Vorwurf begegnen: Dass die EU vor lauter Sparen, Konsolidieren und Banken retten zu lange zugeschaut hat, wie 5,6 Millionen junge Menschen in Madrid, Rom, Lissabon, Paris oder Athen arbeitslos auf der Straße stehen. Ohne Zukunft, ohne Hoffnung.
Wie es um die Jugend steht
5,6 Millionen Europäer zwischen 15 und 24 Jahren sind momentan arbeitslos.
551.000 Azubis haben im letzten Jahr in Deutschland ihre Lehre angetreten.
27 Milliarden Euro investiert die deutsche Wirtschaft jährlich in Ausbildung.
Das ist auch und gerade ein Vorwurf an die deutsche Regierung: Sparen alleine wird Europa nicht aus der bitteren Rezession holen - so geht er und er wird immer lauter vorgetragen in anderen europäischen Hauptstädten, je länger die wirtschaftliche Erholung auf sich warten lässt. Merkel mag all das für böswillige Verkürzung halten, im Wahljahr kann sie solch einen Eindruck nicht stehen lassen. Niemals.
Am Morgen erscheint, passend getimt, ein Interview der Kanzlerin mit sechs europäischen Zeitungen. „Es darf keine verloren Generation geben“, sagt sie darin und bekräftigt die Beschlüsse von EU-Gipfel in der Woche zuvor: sechs Milliarden Euro werde die EU in den kommenden zwei Jahren für mehr Jobs und bessere Bildung investieren, die Europäische Investitionsbank (EIB) werde gegen die Kreditklemme des südeuropäischen Mittelstandes helfen, bisher ungenutzte 16 Milliarden aus EU-Fonds würden umgeleitet. So weit, so bekannt.