
Sie nennen ihn James Bond, Bond wie Euro-Bond. Martin Schulz, Sozialdemokrat und Präsident des Europäischen Parlaments, kokettiert gerne mit dem Spitznamen, den ihm seine Genossen gegeben haben. Gleichzeitig gesteht er aber ein, dass in seiner Partei außer ihm keiner mehr für gemeinsame Staatsanleihen in der Euro-Zone plädiert. CDU/CSU und SPD liegen auf einer Linie. "Jede Form der Vergemeinschaftung von Staatsschulden würde die notwendige Ausrichtung der nationalen Politiken in jedem einzelnen Mitgliedstaat gefährden", heißt es im Koalitionsvertrag.
Die Einmütigkeit, mit der die beiden künftigen Koalitionspartner Euro-Bonds ablehnen, ist nur ein Zeichen dafür, dass Berlin seine Europapolitik in weiten Strecken beibehalten wird. Hoffnungen, vor allem aus den Krisenstaaten Südeuropas, die große Koalition werde einen anderen Kurs einschlagen als die bisherige schwarz-gelbe Regierung, dürften sich nicht erfüllen.
In ökonomischen Kreisen dagegen wächst die Angst, ein wirtschaftlich schwächelndes Deutschland werde ganz Europa schaden. "Die große Stagnation", titelte das britische Wirtschaftsblatt "Economist" bereits und wies darauf hin, dass kein Land der Euro-Zone seit Beginn der Krise weniger Reformen angepackt hat als Deutschland.
Kein Ende der Austerität
In Frankreich ist die Einführung des Mindestlohns in Deutschland zunächst als eine Neuausrichtung der Politik verstanden worden. Finanzminister Pierre Moscovici interpretierte den Mindestsatz von 8,50 Euro als ein "Signal eines vielleicht kooperativeren Ansatzes der Wirtschaftspolitik in Europa". Bei einem Arbeitspensum von 160 Stunden im Monat bedeutet der deutsche Mindestlohn ein Einkommen von 1360 Euro brutto, was knapp unter dem französischen gesetzlichen Minimum von 1430 Euro liegt.
Doch wenn sich Deutschland – unter der Kritik vieler Ökonomen – beim Mindestlohn Frankreich annähert, heißt es noch lange nicht, dass sich die neue Regierung vom Sparkurs in Europa abwendet. "Die Politik der Haushaltskonsolidierung muss fortgesetzt werden und mit Reformen für strukturelles Wachstum und nachhaltigen Zukunftsinvestitionen kombiniert werden", bekräftigen Union und SPD im Koalitionsvertrag. Kredite aus dem Rettungsschirm sollen nur sehr restriktiv vergeben werden, heißt es weiter: "Wir wollen, dass Krisenstaaten eine starke Eigenbeteiligung an der Krisenbewältigung leisten und eigene Mittel einsetzen, bevor sie Hilfskredite erhalten." Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Ministerpräsident Enrico Letta kündigen zwar bereits an, die nächste Legislaturperiode des Europäischen Parlaments solle das "Ende der Austerität" bedeuten. Doch Berlin wird auch unter neuen Vorzeichen nicht auf diesen Wunsch eingehen. Auch beim EU-Haushalt pochen Union und SPD ausdrücklich auf Sparsamkeit.